D2 - Ex-WiMi Dr. Fürniß und der Insolvenzskandal CargoLifter

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D2 - Ex-WiMi Dr. Fürniß und der Insolvenzskandal CargoLifter

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Dossier 2: "Korruptionsverdacht" - Wie CargoLifter den Machenschaften des Ministers Fürniß zum Opfer fiel

Neben Verdacht auf Bestechlichkeit und Untreue gegen Brandenburgs Ex-Wirtschaftsminister im Fall der Chipfabrik auch Manipulationen bei der Insolvenz von CargoLifter

Als 60 LKA Beamte und 11 Staatsanwälte in vier Bundesländern Ende 2005 Razzien durchführten, um die dubiosen Geschäfte des Wirtschaftsministers Dr. Wolfgang Fürniß aufzuklären, war nicht mehr zu übersehen, dass etwas faul war im Staate Brandenburg. Dem Minister wurde Bestechlichkeit und Untreue zum Schaden des Landes vorgeworfen, dessen Amtseid er geschworen hatte. Fürniß' Taten sind abenteuerlich, unter anderem hatte er, trotz der absehbaren Pleite der Chipfabrik, noch im Februar 2002 eine Dringlichkeitsvorlage ins Kabinett eingebracht, die dem Hauptinvestor Dubai bei einem Scheitern des Projekts 250 Millionen Dollar Schadenersatz in die Staatskasse des Emirats gespült hätte. Der Landesrechnungshof sollte später feststellen, dass "die Gesamtfinanzierung unstreitig zu keinem Zeitpunkt gesichert" war und sah erhebliche haushaltsrechtliche Verstöße. Zudem monierte der LRH den Versuch des Ministeriums, seine Prüfungsrechte zu begrenzen und "prüfungsfreie Räume" zu schaffen, die von der Verfassung nicht vorgesehen seien.

Fürniß waren kurz zuvor aus Dubai knapp 1.5 Millionen Dollar auf sein Privatkonto überwiesen worden. Der Minister hatte private Steuerschulden und war offenbar trotz seines Ministeramts bei keiner Bank kreditwürdig. Die Staatsanwaltschaft geht heute unter Anderem der Frage nach, ob der Minister überhaupt in der Lage war, den angeblichen "Kredit zu handelsüblichen Konditionen" zurück zu zahlen.

Erstaunlicherweise wurde in der Öffentlichkeit der CargoLifter Insolvenzskandal nicht mit den Vorgängen um die Chipfabrik in Verbindung gebracht, obwohl der Zusammenhang mittlerweile klar ist. CargoLifter wurde abgewickelt, weil Fürniß alle auftreibbaren Finanzmittel in die Chipfabrik steckte. Mehr noch, Fürniß hat alles daran gesetzt, CargoLifter in die Insolvenz zu treiben. Es gibt Indizien, dass er plante, das Luftschiffprojekt über die Insolvenz als "Zugabe" zum Deal mit der Chipfabrik in arabische Freundeshände zu übergeben.

Wurde das CargoLifter Projekt von seinem SPD-Vorgänger Burkhard Dreher noch unterstützt, so fiel unter Fürniß keine einzige Entscheidung zugunsten der CargoLifter AG. Eine Firma, die vor allem 70.000 begeisterten Kleinaktionären gehörte, die von einem unbestechlichen, engagierten Management geführt wurde, war unzugänglich für die von Fürniß bevorzugten Geschäftsmethoden. Für solche Unternehmen hatte er schlicht "nichts übrig". Vor allem nichts für seine Führung. Während der Minister sich bei "seiner" Chipfabrik als staatlicher Unternehmensgründer und Geldbeschaffer in Personalunion betätigte und alle Hebel in Bewegung setzte, ging bei CargoLifter nichts. "Das war eine einmalige Ausnahme bei der Chipfabrik – bei CargoLifter geht so was laut dem Minister nicht" – so die Antwort aus dem Ministerium – dabei drehte es sich hier immerhin um die Rettung von fast 500 hochwertigen Arbeitsplätzen und einer Technologie mit weltweitem Alleinstellungsmerkmal, die inzwischen in zahlreichen Ländern staatlich gefördert wird.

Fürniß überlässt beim Plattmachen nichts dem Zufall. Im April 2002 verweigert er die Auszahlung der bereits bewilligten und von der Investitionsbank des Landes bereitgestellten Fördergelder für das bereits gebaute CL Rechenzentrum. Er stellt - plötzlich - eine Bedingung für die Auszahlung. Das Geld werde nur fließen, wenn eine Grundschuld auf die Cargolifter-Halle zur Absicherung aller bisherigen Förderungen für das Werftgelände abgetreten werde. Bei der CargoLifter AG wundert man sich über den Zickzackkurs des Ministers, aber niemand unterstellt Fürniß unlautere Absichten. Das Land bekommt die Grundschuld. Doch durch diesen geschickten Schachzug wird das Land Brandenburg später zum bevorrechtigten Hauptgläubiger im Insolvenzverfahren. Das Land beherrscht durch die Grundschuldforderung als größter Gläubiger monopolistisch den Gläubigerausschuss und kann alle Entscheidungen mit dem Insolvenzverwalter alleine treffen. Und die Lieferanten, also die eigentlichen Gläubiger, zu deren Schutz das Insolvenzrecht eigentlich dienen soll, gehen leer aus. Was eigentlich ein Glücksfall wäre, nämlich dass sich unter den Gläubigern keine Banken befinden, erweist sich unter diesen Umständen als nutzlos.

In diesem Stil geht es weiter. Fürniß laviert herum und ändert immer wieder die Regeln für die Auszahlung von Fördergeldern. Jedes Mal, wenn CargoLifter die alten Bedingungen erfüllt, weigert sich Fürniß zu handeln und erfindet neue Regeln. Als CargoLifter auch noch die Forderung des Ministers erfüllt, dass der größte Aktionär, ein institutioneller Investor aus England, frisches Geld zuschießen müsse, bevor sich Bund und Land engagieren könnten, greift Fürniß zum primitivsten Mittel: Er antwortet einfach nicht mehr auf Anrufe und Anschreiben von CargoLifter. Er wartet auf die Insolvenz. Fürniß weiß, dass das Geld knapp wird – an der kollabierten Börse können 2002 keine nennenswerten Gelder mehr eingeworben werden. Man muss nur warten und so tun, als ob man etwas bewegen wolle – und früher oder später fällt einem die Frucht dann ins vorbereitete Nest!

Als die Insolvenz kommt, setzt er alles daran, das Unternehmen zu enthaupten. Nicht nur, dass er ein Rettungskonzept für CargoLifter ablehnt, weil es "auch den Gablenz retten würde. Man werde das über die Insolvenz lösen". Mehr noch, in einem Telefongespräch mit Aktionärsvertretern sagt Fürniß wörtlich, dass er CargoLifter nicht helfen könne, solange Gablenz noch da sei. Der Firmenchef hatte sich vor allem dadurch bei Fürniß disqualifiziert, dass er, offensichtlich im Gegensatz zum Minister, "im Orient übliche Geschäftmethoden" nicht mittragen wollte...

Bei der Bestellung des Insolvenzverwalters beim Amtsgericht Cottbus wird "in Ausübung des Ermessens" nicht der ursprünglich vorgesehene Experte für Unternehmensrettungen berufen, sondern zur Überraschung des Managements Dr. Rolf-Dieter Mönning, der "sich mit Fürniß bestens versteht". Als bald darauf das Land im Gläubigerausschuss mit seiner beherrschenden Rolle durchsetzt, dass entgegen einer Soll-Vorschrift der Insolvenzordnung keine Vertreter der Lieferantengläubiger sitzen, ist die kalte Enteignung perfekt. Management und Aktionäre, sowie alle Gläubiger sind ausgebootet!

Noch dazu: Alle Beratungen im Gläubigerausschuss werden zur Verschlusssache erklärt und als Sonderakte beim Insolvenzgericht geführt – Einsichtnahme ausgeschlossen! Der Insolvenzverwalter beginnt jetzt mit tätiger Unterstützung des Ministers mit der Diskreditierung des Managements. Fürniß hilft persönlich mit. Es hagelt Klagen gegen Manager, gegen Mitarbeiter die nicht bereit sind, sich gegen das Management vor den Karren spannen zu lassen und sogar gegen Gläubiger und Aktionäre(!). Der Insolvenzverwalter bezeichnet das Unternehmen in den Medien verächtlich als "Bauherrenmodell", seine Einrichtungen als "Potemkin'sche Dörfer" und rückt es mit einer Vielzahl falscher und unwahrer Behauptungen (zum Beispiel, dass das Erprobungsluftschiff Joey "nie geflogen" sei) in die Nähe des Betruges. Hier ein Bericht der "Welt" über einen Joey-Flug und ein Foto:
Bild

All diese in den Medien einstmals breit publizierten Ermittlungsverfahren und Klagen gegen Management und Mitarbeiter sind später entweder sang- und klanglos eingestellt worden, oder der Insolvenzverwalter hat sie verloren. Ohne Ausnahme. Das ist selten in Insolvenzverfahren, denn normalerweise findet sich immer irgendeine Schwachstelle, ein (oft unabsichtlicher) Fehler in der Unternehmensführung. Nicht so bei der CargoLifter AG und ihren Tochterfirmen. Doch darüber wurde nicht berichtet – "es blieb etwas hängen".

Bis zu seinem - sicher nicht geplanten – Rücktritt ging die Strategie des Ministers Fürniß und des Insolvenzverwalters weitgehend auf. In der Öffentlichkeit gilt CargoLifter als Vernichtungsmaschine für staatliche Fördergelder (38 Mio. Euro) mit Betrugsgeruch. Dabei hat der Staat an CargoLifter sogar verdient, das heißt die öffentliche Hand hat durch Cargolifter mittels direkter und indirekter Steuern mehr eingenommen, als der Staat als Fördermittel bereitgestellt hat, und das geförderte Objekt, die Werfthalle, erfüllt - zumindestens offiziell - den Förderzweck nach wie vor.

Weder die Enteignung der Aktionäre (über 300 Mio. Euro) wird wahrgenommen, noch das Ausbooten der Lieferanten, noch die Tatsache, dass in den USA intensiv daran gearbeitet wird, den von CargoLifter bereits erreichten Kenntnisstand aufzuholen. Statt die „Bevölkerungsinvestition“ für eine innovative und umweltfreundliche Transporttechnologie zu achten und zumindestens für den Erhalt einer Kernmannschaft und des weltweit einmaligen Luftfahrtstandortes zu sorgen, wurde CargoLifter "platt gemacht".

Dabei zeigen ausgerechnet diese Herren mit dem Finger auf das CargoLifter Management und rufen "Haltet die Diebe!". Der erzwungene Rücktritt sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass hier ein Wirtschaftsminister auch vor massiven Manipulationen nicht zurück geschreckt hat. Der Ex-Minister erwies sich als eine Person, die sich offenbar mehr an seinem eigenen Wohl als an dem des Landes orientiert hat und bestrebt war, sein Ego in den Vordergrund zu stellen. Es passt ins Bild, dass Fürniß eine Zeitlang sogar einen falschen Professorentitel führte.

Wir werden den Insolvenzskandal CargoLifter in den nächsten Wochen auch weiterhin minutiös aufrollen.

Ebenfalls lesenswert:
Berliner Zeitung vom 14.12.2005 Der Ex-Minister und der wirtschaftliche Super-Gau
Berliner Zeitung vom 24.6.2006 Staatsanwaltschaft hält "Kredit" für verdeckte Provision
Vollständiger Jahresbericht 2005 des Landesrechnungshofs Brandenburg (1,3 MB; zu beachten Seiten 150-175))
Untersuchungsbericht des Landtags Brandenburg zum Investitionsvorhaben Chipfabrik Frankfurt/Oder - Drucksache 3/7770 (2,0 MB; Auf den Seiten des Landtags "zur Zeit nicht elektronisch verfügbar ;-(" )
CargoLifter-Dossier Teil 3 des Investigativ-Journalisten Burkhard Schröder alias burks: "Die Kleinen werden ausgebootet"

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