"Report München" über Krisengewinnler Insolvenzver

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pestw
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"Report München" über Krisengewinnler Insolvenzver

Beitrag von pestw »

Gestern wurde im Rahmen von "Report München" im ARD-Fernsehen der folgende Beitrag ausgestrahlt:
http://www.br-online.de/das-erste/repor ... 781406.xml

Die Krisengewinnler - Insolvenzverwalter im Kreuzfeuer der Kritik
Sie haben Hochkonjunktur in der Krise - Insolvenzverwalter. Doch die Branche ist durchsetzt von gewieften Profis, die mit allen Wassern gewaschen sind. Statt insolvente Firmen zu retten oder die Ansprüche der Gläubiger best möglich zu befrieden, interessieren sich viele Insolvenzverwalter vor allem für den eigenen Profit.
Von Ulrich Hagmann, Hendrik Loven
Stand: 20.04.2009

Der Rapsbauer Heinrich Burger aus Nördlingen und sein Kollege Heinz Wagner aus Niederbayern sind sauer. Sie und rund 2.000 andere Bauern haben bei der Insolvenz des Biodieselherstellers Campa und der Folgeinsolvenz der Beteiligungsgesellschaft VNR über 11 Millionen Euro verloren. Die Bauern meinen, im Insolvenzverfahren wurde Geld verschwendet, das eigentlich ihnen als Gläubiger zustehen müsste.

Die Krisengewinnler: Insolvenzverwalter im Kreuzfeuer der Kritik. Sie haben Hochkonjunktur in der Krise - Insolvenzverwalter. Doch die Branche ist durchsetzt von gewieften Profis, die mit allen Wassern gewaschen sind. Statt insolvente Firmen zu retten oder die Ansprüche der Gläubiger best möglich zu befrieden, interessieren sich viele Isolvenzverwalter vor allem für den eigenen Profit.
Heinz Wagner, Landwirt: [/i]"Die Insolvenz hat offensichtlich eine Menge Geld gekostet. Wenn ich mir das Honorar von Herrn Mallog anschaue, das am Tag 3.000 Euro betrug – ja 3.000 Euro, das muss man sich ja mal vorstellen!"[/i]
Und das ist der Herr Mallog, über dessen Honorar sich die Bauern ärgern. Er ist nicht etwa der Insolvenzverwalter, sondern ein externer Berater, der zusätzlich vom Insolvenzverwalter weiter beschäftigt wurde. Mallog sollte die VNR als Interimsmanager retten. Doch er stellte schnell fest: die Firma ist insolvent.
Frage: "Was mir vorgelegt wurde, sind 2.500 Euro plus 500 Euro Spesen pauschal. Ist das so richtig und wurde das später vom Insolvenzverwalter auch bezahlt?"
Ewald Mallog, Unternehmensberater: "Grundsätzlich unterhalte ich mich mit Ihnen nicht über mein Honorar. Das ist Ausdruck meiner Leistung und der Ausdruck meines Erfolges. Was in diesem Fall ist, ist der erste Betrag stimmt und der zweite Betrag stimmt nicht."
Doch ein Protokoll der Gesellschafterversammlung beweist: Mallog wurde als Geschäftsführer zur Rettung eingesetzt. Tagesgage 2.500 Euro plus 500 Euro Spesen pauschal pro Tag. Mallog aber kann die Firma nicht retten. Das Ärgernis beginnt mit der Insolvenz, denn der Verwalter beschäftigt Mallog weiter. Wir legen den Fall dem Exbankier, Unternehmensberater und Schatzmeister der CDU Mittelstandsvereinigung Niedersachsen Hermann Hesse vor.
Herrmann Hesse, Unternehmensberater: "Ein Tageshonorar in dieser Situation von 2.500 Euro erscheint mir unseriös. Es kann nicht sein, dass jemand vier Monate zu diesem Honorar beschäftigt wird und letztendlich nichts weiter dabei herauskommt, als dass am Ende eine Insolvenz stattfindet und Masse verbrannt worden ist, denn das ist Geld, was ja eigentlich den Gläubigern zur Verfügung gestellt werden könnte oder zur Verfügung gestanden hätte."
Frage an Mallog: "So grob überschlägig, habe ich jetzt mal ihre Gesamtrechnung kalkuliert zwischen 100 bis 150.000. Kommen wir da so hin?"
Ewald Mallog: "Noch mal, ich rede also nicht mit Ihnen über mein Einkommen. Die Interpretation überlasse ich Ihnen."
Doch was war Mallogs Job? Schließlich bekommt der Verwalter das Honorar für die Firmenleitung.
Ewald Mallog, Insolvenzverwalter: "Der Insolvenzverwalter kriegt sein Honorar für die Tätigkeiten, die er tut, das ist klar. Aber in diesem Chaos, wie vorhin schon gesagt, hätte sich jeder Insolvenzverwalter schwer getan."
Und das ist Frank Hanselmann, der Insolvenzverwalter, der Ewald Mallog Traumhonorare gezahlt hat. Hanselmann lehnt ein Interview ab, schriftlich führt er aus: die Weiterbeschäftigung Mallogs sei unter anderem notwendig gewesen, weil "für das operative Geschäft der VNR noch keine Buchhaltung eingerichtet war, mit der Folge, dass erforderliche Erkenntnisse auch nicht kurzfristig zu gewinnen gewesen wären". Immerhin: die Gläubiger können im Fall VNR mit einer geringen Rückzahlung rechnen. Die Bauern sind dennoch nicht zufrieden.
Heinz Wagner, Rapsbauer: "Diese Honorare! Wenn es hier offensichtlich um sechsstellige Summen geht, und das Geld war ja da, sonst hätten sie es ja nicht überwiesen werden können."
Soweit dieser Fall. Doch der ehemalige Insolvenzrichter Prof. Haarmeyer, einer der führenden Insolvenzrechtler Deutschlands, kritisiert die gesamte Branche und beklagt gravierende Missstände bei der Insolvenzverwaltung.
Prof. Hans Haarmeyer, Deutsches Institut für angewandtes Insolvenzrecht: "Es ist eine ganz verbreitete Unsitte von Verwaltern, dass sie sozusagen Fremdkapazitäten einkaufen, die sie dann der Masse in Rechnung stellen, weil sie selbst über die Kapazität und die Fähigkeiten nicht verfügen."
Wir treffen einen Informanten auf einem Autobahn Rasthof irgendwo in Deutschland. Der Mann hat jahrelang für eine Verwertungsgesellschaft im Auftrag Dutzender Insolvenzverwalter Firmen zerschlagen und Insolvenzmasse verkauft. Weil er in der Branche bekannt ist, will er anonym bleiben.
Informant (Bild und Ton verfremdet): "Während viele Mitarbeiter noch daran geglaubt haben, es geht weiter in ihrem Unternehmen, haben wir schon Verhandlungen über die Zerschlagung des Unternehmens geführt. Haben dann die Teile verkauft, da läuft eben sehr viel bar, da wird nur ein Teil auf die Rechnung geschrieben und dann wird dieses Bargeld zum Teil eben direkt an die Insolvenzverwalter ausgezahlt."
Auch Professor Haarmeyer bestätigt, nur ein Bruchteil der Insolvenzverwalter arbeitet gut.
Prof. Hans Haarmeyer, Deutsches Institut für angewandtes Insolvenzrecht: "Das System ist relativ einfach: über ihre normale Tätigkeit hinaus werden Rechtsanwälte beauftragt, Prozesse zu führen, Berater beauftragt, Gutachten zu erstellen. Verwertungsfirmen beauftragt, um gegen Entgelt das zu tun, was der Verwalter eigentlich selber tun muss. D.h. er beschäftigt einen Kreis von Dienstleistern zu Lasten der Masse um sich herum."
Auch Günter Zielke aus Nordrhein-Westfalen hat schlechte Erfahrungen mit einem Insolvenzverwalter gemacht. Er ging insolvent, weil es Verzögerungen bei der Produktion gab. Die Auftragsbücher waren allerdings gefüllt. Als der Insolvenzverwalter kam, hätte die Produktion anlaufen sollen.
Günther Zielke, Unternehmer: "Ja, der Insolvenzverwalter hat alles gewusst, ich habe ihm alles erklärt und trotzdem hat er die Halle abgeschlossen, neue Schließzylinder rein gemacht und dann ist er in Urlaub gefahren und wir konnten nicht mehr produzieren."
Unser Informant aus der Verwerterszene ist genau wegen solcher Methoden ausgestiegen.
Informant: "Ja, der Punkt war für mich ganz konkret ein Erlebnis, wo wir zu einem Handwerker gekommen sind, dem wir den Betrieb zugemacht haben und ihm praktisch die Schlüssel abgenommen haben. Der hat sich dann auf ’s Motorrad gesetzt und hat sich umgebracht."
Der Bundesverband der Insolvenzverwalter nimmt Stellung zur Praxis vieler Verwalter, die Masse mit Gutachten, Beratern oder Anwaltskosten der eigenen Kanzleien zu belasten, der Verband sieht das...
Siegfried Beck, Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands: "Sehr kritisch. Ich sprach schon über unsere Berufsgrundsätze. Hier haben wir auch geregelt, dass der Insolvenzverwalter keinerlei Nebengeschäfte oder Zusatzgeschäfte mit der Insolvenzmasse machen darf."
Durch schlechte Verwaltung gehen jedes Jahr 100.000 Arbeitsplätze verloren und Gläubiger verlieren 10 bis 15 Milliarden Euro, sagt Prof. Haarmeyer. Es mangele an Kontrolle. Zuständig sind Gerichte und Rechtspfleger: doch die Juristen seien dafür nicht ausgebildet.
Bild :zib Initiative Zukunft in Brand - Wir verleihen CargoLifter Auftrieb!

hilgenberg
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Beitrag von hilgenberg »

Man kann sich den Beitrag übrigens dort (Link) auch als Videostream ansehen.

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