Das "Walrus" Projekt

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pestw
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Das "Walrus" Projekt

Beitrag von pestw »

ftd.de, Di, 25.5.2004, 14:57
Pentagon träumt von Renaissance der Luftschiffe
Von Gerhard Hegmann, München

Das US-Verteidigungsministerium plant den Bau eines riesigen Fluggerätes, das mindestens 500 Tonnen Fracht über rund 11.000 Kilometer transportieren kann. Das so genannte Walrus-Projekt sieht die technische Kombination eines Luftschiffs mit einem Flugzeug vor.

Nach dem Zeitplan der Pentagon-Forschungsagentur Darpa sollen Ende 2007 die ersten Testflüge zunächst mit kleineren Modellen starten. Damit nicht genug: Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin entwickelt bereits ein sehr hoch fliegendes unbemanntes Überwachungsluftschiff. Beide Projekte verleiten die amerikanische Luftschiffbranche derzeit dazu, den Durchbruch für eine neue Ära im Luftschiffbau zu verkünden - wieder einmal. In den vergangenen Jahren gab es weltweit häufig spektakuläre Visionen, die aber meist an Geldmangel scheiterten. Auch in Deutschland gibt es, selbst nach der Insolvenz von Cargolifter, neue Ideen für die Leichter-als-Luft-Technologie.

Die US-Forschungsagentur Darpa verfolgt mit dem Walrus-Projekt das Ziel, eine komplett ausgerüstete militärische Einheit samt Soldaten und Gerät binnen drei bis fünf Tagen von der Kaserne bis zu interkontinental gelegenen Zielgebieten zu transportieren. 2001 hatte das Pentagon erste Ideen für einen Luftfrachter veröffentlicht, aber die Industrie nicht explizit zur Mitarbeit aufgefordert. "Walrus wird das größte Luftschiff sein, das jemals entwickelt wird", heißt es jetzt bei der Darpa. Die Forschungsagentur plant ein Hybrid-Fluggerät, das den Auftrieb eines Flugzeugs mit dem Gas-Auftrieb eines Luftschiffs kombiniert.

Ihr Interesse an dem Walrus-Programm hat praktisch die gesamte US-Luftschiffbranche angemeldet. Als Systemintegrator will Lockheed Martin auftreten. Zu den Bewerberfirmen gehört auch die britische Advanced Technologies Group (ATG), die seit Jahren mit dem SkyKitten-Projekt den Bau eines Hybrid-Luftschiffs für bis zu 1000 Tonnen Nutzlast vorschlägt. Wie vielen Luftschifffirmen mangelt es aber auch ATG am Geld, um die Visionen umzusetzen.

Renaissance der Luftschiffe denkbar

Das Fachmagazin "Aerospace America" sieht in seiner Mai-Ausgabe jetzt den möglichen Durchbruch für die zuvor auch in den USA weitgehend eingemottete Produktion großer Luftschiffe. Im Juni wird über die Produktion eines unbemannten Überwachungsluftschiffs entschieden, das in 20 Kilometer Höhe schweben soll. Für die Konzeptphase für das High-Altitude-Airship hat Lockheed Martin bereits einen 40-Mio.-$-Auftrag bekommen. Der Prototyp soll 2006 fliegen.

Die Bemühungen der USA nutzt der Ex-Vorstandschef der Cargolifter AG, Carl von Gablenz, als Argumentationsgrundlage für seine neueste Vision: Auf der Luftfahrtmesse ILA in Berlin plädierte er jüngst für den Bau eines Universalluftschiffs für bis zu 500 Passagiere oder Fracht in der Größe des 1937 verunglückten Zeppelins Hindenburg. Finanziert werden soll das Projekt über eine Deutsche Luftschiff AG mit Industriebeteiligung. Die "HGZ 129 M" erscheint in einigen Punkten allerdings noch riskanter als der aus Geldmangel gescheiterte Cargolifter: So soll Wasserstoff als Treibgas verwendet werden, obwohl alle modernen Luftschiffe das nicht explosionsfähige aber teurere Helium verwenden. Über den Kosten- oder den Zeitrahmen wollte von Gablenz keine genauen Angaben machen. Die Cargolifter-Gesamtkosten bis zur Serienreife lagen zuletzt bei etwa 760 Mio. Euro, die Beratungsgesellschaft Roland Berger schätzte sogar bis zu 880 Mio. Euro.

Geplatzte Träume

Cargolifter Der Bau des fliegenden Krans in Deutschland scheiterte im Juni 2002 an Geldmangel. 70.000 Kleinaktionäre hatten mehr als 300 Mio. Euro investiert.

US-Militärs Die USA setzen Luftschiffe für Überwachungsaufgaben ein. 1935 stürzte der fliegende Flugzeugträger "USS Macon" ab - das Ende des US-Großluftschiffbaus.

HGZ 129 M Eine neue Idee sieht den Bau eines Zeppelins als Universalluftschiff für 500 Passagiere oder bis zu 80 Tonnen Fracht vor

© 2004 Financial Times Deutschland

URL des Artikels: http://www.ftd.de/ub/in/1085376273910.html
Bild :zib Initiative Zukunft in Brand - Wir verleihen CargoLifter Auftrieb!

pestw
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Beitrag von pestw »

Über die Ausschreibung zum Walrus-Projekt wird in Luftschiffer-Kreisen, nicht nur in Deutschland, allgemein der Kopf geschüttelt. Was die sich vorstellen, ist weit weg von den physikalischen Möglichkeiten von Leichter-als-Luft-Geräten und von herkömmlichen Flugzeugen sowieso. Die Ersteller der Ausschreibung kümmern sich offenbar bewusst nicht um die physikalischen Eigenschaften denkbarer Fluggeräte, sondern stellen einfach einen Wunschkatalog zusammen, nach dem Motto, mal sehen was dabei herauskommt.

Bitte in diesem Thread nur zum Walrus-Projekt Stellung nehmen, nicht zu dem was über HGZ 129 M ausgesagt wird. Das gehört woanders hin.

Bardocucullus
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Beitrag von Bardocucullus »

Was die sich vorstellen, ist weit weg von den physikalischen Möglichkeiten von Leichter-als-Luft-Geräten und von herkömmlichen Flugzeugen sowieso
Auf was bezieht sich diese Vermutung? Tragkraft? Geschwindigkeit? Als "Lieschen Müller" stelle ich mir jetzt einfach mal naiv vor, ich mache den Ballon doppelt so groß und schon hänge ich doppelt soviel Last unten dran...

Nein, Scherz beiseite. Ich finde, daß Pestw hier in so weit schon recht hat: Ausschreibungen dienen in solchen Fällen tatsächlich zunächst dazu, die Grenzen des Möglichen auszuloten. Doch physikalisch ist das sicher machbar, technisch vielleicht auch - die schwierigste Hürde sind aber heute meist die Finanzen. Siehe CarLi! Aber diese Ausschreibung kommt ja vom Militär, also sollte es am Geld nicht scheitern :oops:

Und auf Überraschungen sollte man sich bei derartigen Veranstaltungen immer mal wieder gefaßt machen: heute wird in Amerika eine kleine private Firma den (vermutlich erfolgreichen) Versuch unternehmen, ein bemanntes Vehikel in den Weltraum zu katapultieren; ein Unterfangen, an dem in den letzten Jahrzehnten mehr als eine große Company gescheitert ist. Ergo sind dergestalt Ausschreibungen und Wettbewerbe alles andere als sinnlos.

pestw
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Beitrag von pestw »

Bardocucullus hat geschrieben:die schwierigste Hürde sind aber heute meist die Finanzen. Siehe CarLi! Aber diese Ausschreibung kommt ja vom Militär, also sollte es am Geld nicht scheitern :oops:
Na - erst mal abwarten. Dazu scanne ich euch gleich mal was...

pestw
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Beitrag von pestw »

Aus dem Airship Magazine, der Verbandszeitschrift der Airship Association, Ausgabe 145 vom September 2004:

Walrus program facing funding cut

The Defense Advanced Research Projects Agency’s (DARPA) Walrus heavy-lift air vehicle program – outlined in Airship issue 144 – could be halted even before its begun if the House Armed Services Committee has its way. The HASC in its National Defense Authorisation Act for Fiscal Year 2005 Report on HR 4200 dated 14 May 2004 recommends no funding for the program.

The following excerpt is taken from pages 249-250 of that report.

The budget request contained $339.2 million in PE 62702E for tactical technology applied research, including $10.0 million for the Walrus program, and $361.0 million in PE 63285E for advanced aerospace systems advanced technology development, including $10.0 million for the Walrus program.
The committee notes that the Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) Walrus program would combine technologies for high-strength and low structural weight air frames, high efficiency propulsion systems; and heavy-lift cargo transport investigated in earlier DARPA programs. The Walrus program would develop and evaluate a very large 'hybrid’ airlift vehicle concept that is designed to fly through a combination of aerodynamics and gas buoyancy. The first phase of the program would include system studies and development of a. notional objective vehide and would be followed by a competitive second phase that would lead to the development, design, build, and initial flight test of an advanced technology demonstration air vehicle with air lift capabil.ity comparable to a C-130 aircraft. As envisioned, an objective vehicle would be capable of lifting over 500 tons across intercontinental distances.
The committee acknowledges the Department of Defense's objective of being able to deploy quickly to overseas theaters from the continental United States. Nevertheless, the committee is also aware of previous programs in the late 1980s and early 1990s that envisioned very large, lon.g-en.durance airship concepts for inter-theatre lift, which after some initial enthusiasm were not pursued because of the large costs associated with the development and production of such systems. The committee has also received no esti.mates of the potential development and production costs for the Walrus concept. Because there are higher priority, near-term requirements associated with the global war on terrorism, the committee believes that the work on the DARPA Walrus program should be deferred.
Accordingly, the committee recommends no funding for the Walrus program, a reduction of $10.0 million in PE 62702E and a reduction of $10.0 million in PE 63285E;

* The HASC report can be found at http://armedservices.house,gov/reports

Wolfgang Seemann
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Beitrag von Wolfgang Seemann »

Mit Ionenantrieb ausgerüstet
Luftschiffe: Per Zeppelin an die Front
Das US-Verteidigungsministerium plant den Bau eines riesigen Luftschiffs, das bis zu 1800 Soldaten mitsamt Bewaffnung in kurzer Zeit in Kriegsgebiete transportieren soll.
Bild vergrößern
Modell des Truppentransport-Zeppelins: Platz für 1800 Soldaten
WAFFENSYSTEME
Verkehrsflugzeuge: Schutz vor Raketen
Im Nebel des Krieges
Intelligente Waffen
Wand aus Metall
Ausgerüstet mit einem Ionenantrieb kann es ohne nachzutanken über 11 000 Kilometer weit fliegen. Bei dieser Art Triebwerk dient meist das Edelgas Xenon als Treibstoff. Seine Atome werden elektrisch aufgeladen, ein elektrisches Feld beschleunigt sie auf sehr hohe Geschwindigkeiten. Gebündelt zu einem dünnen Strahl, treiben die Ionen den Zeppelin voran. Er soll Lasten von bis zu 1000 Tonnen schleppen.

Das derzeit größte Transportflugzeug der US-Armee, die Hercules C-130, schafft rund 22 Tonnen. Bisher dauert es oft Wochen, größere Truppenverbände per Flugzeug oder Schiff zu verlegen. Der Riesenzeppelin soll den Transport auf wenige Tage verkürzen. In Deutschland ist mit dem Cargolifter der Versuch, ein Luftschiff zu bauen, das schwere Lasten selbst in abgelegenste Erdteile fliegt, vor zwei Jahren spektakulär gescheitert. Eine malaysische Investorengruppe will die Riesenhalle im brandenburgischen Brand bei Berlin, in der der Cargolifter in Produktion gehen sollte, jetzt in ein Tropenparadies verwandeln.
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Gast

Beitrag von Gast »

Wolfgang Seemann hat geschrieben:Ausgerüstet mit einem Ionenantrieb kann es ohne nachzutanken über 11 000 Kilometer weit fliegen. Bei dieser Art Triebwerk dient meist das Edelgas Xenon als Treibstoff. Seine Atome werden elektrisch aufgeladen, ein elektrisches Feld beschleunigt sie auf sehr hohe Geschwindigkeiten. Gebündelt zu einem dünnen Strahl, treiben die Ionen den Zeppelin voran. Er soll Lasten von bis zu 1000 Tonnen schleppen.
Wie soll denn das funktionieren, ein Ionenantrieb in der Atmosphäre?
Ionen kann man in einem elektrischen Feld nur im Vakuum hoch beschleunigen, so dass sie einen merklichen Impuls aufnehmen (Rückstoß erzeugen).Versucht man dasselbe in Luft, so geben die Ionen schnell bei der Kollision mit Molekülen der Luft ihre Energie wieder ab, erreichen also nie die gewünschten hohen Geschwindigkeiten.
Außerdem: Die bisher gebauten Ionentriebwerke in Raumsonden lieferten eine Schub im Milli-Newton-Bereich, für ein Riesenluftschiff muss der Schub aber im Mega-Newtom-Bereich liegen, also 9 Größenordnungen höher!

Klaus Möstl

NorbertB
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Beitrag von NorbertB »

@KMöstl
Wie soll denn das funktionieren, ein Ionenantrieb in der Atmosphäre? ...
Richtig! Das habe ich auch sofort gedacht.
Aber solche Artikel in einer Wirtschaftszeitschrift sollte man in technischer Hinsicht nicht so ernst nehmen. So bezeichnen die dort auch die C130 (Herkules) als das größte amerikanische Tranportflugzeug. Das ist meines Wissens immernoch die C5A/B (Galaxy).
Eine Erfahrung, die man immer wieder machen kann. Sobald Fachwissen gefragt ist, siehts düster aus in der allgemeinen Presse.
MfG Norbert

Wolfgang Seemann
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Beitrag von Wolfgang Seemann »

Ich möchte hier nur klarstellen, dass ich diesen Unsinn nicht geschrieben habe. Er steht so in der Wirtschaftswoche.

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k.moestl
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Beitrag von k.moestl »

Wolfgang Seemann hat geschrieben:Ich möchte hier nur klarstellen, dass ich diesen Unsinn nicht geschrieben habe. Er steht so in der Wirtschaftswoche.
Das hatte ich auch keinesfalls unterstellen wollen. Ich wollte aber gerne Ihre Meinung zu diesem "Projekt" erfahren.

Klaus Möstl
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KäptnBalu
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Beitrag von KäptnBalu »

Mittlerweile wurde das Projekt aufgegeben. Ich konnte leider keine genauen Begründungen dafür finden. Weiß jemand näheres?

Lifter
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Beitrag von Lifter »

Keine Kohle! Schon mal nachgeschaut im Budget des Amerikanischen Verteidigungsministeriums? Dort ist schön nachzulesen, von wo nach wo umgeschichtet wurde. 400 Millionen wurden übrigens in das Aerostat-Programm gepumpt.

Diese werden z.B. im Irak einegsetzt, um Relaisstationen zu betreiben. Ehemalige CL-Mitarbeiter waren am Betrieb der Geräte beteiligt.

Die Ausgaben für die Kriege im Irak und in Afghanistan verschingen Abermilliarden. Insgesamt annähernd eine halbe Billionen Dollar bisher.

Hier der Link zu der aktuellen Aufstockung des Etats, die Bush verlangt.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 37,00.html

Ist doch klar, dass dann an allen Ecken und Enden zusammengestrichen wird. Sei es im Sozialsystem, bei der Bildung und letztlich - schweren Herzens - auch bei Rüstungsprojekten.

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