Landgericht Cottbus stutzt Insolvenzverwalter-Honorar auf die Hälfte

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pestw
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Landgericht Cottbus stutzt Insolvenzverwalter-Honorar auf die Hälfte

Beitrag von pestw »

Im benachbarten Thread 1945 habe ich erläutert:
pestw hat geschrieben: Di, 19.11.2019 22:14 Ergänzende Information: die Regelvergütung beträgt 466.820,35 Euro. Mit den Zuschlägen i.H.v. zusammen 350 Prozent ergibt das 2.100.691,57 Euro. Dazu Auslagenpauschale 51.000 Euro. Dazu Zustellungszuschlag 1.036,- Euro. Macht zusammen 2.152.727,57 Euro. Laut BGH ist ihm die Umsatzsteuer aus der Insolvenzmasse zu erstatten, macht nochmal 409.018,23 Euro. Zu Lasten der Insolvenzmasse also 2.561.745,80 Euro.
Nachdem externe Beauftragte bereits mit 2.263.431,08 Euro aus der Insolvenzmasse bezahlt wurden.
Nach diesen Entnahmen verbleibt zur Verteilung an die Gläubiger noch ein Betrag von 1.218.391 ,75 Euro.

Muss man das noch kommentieren?
Wir haben das kommentiert. Nachdem das Amtsgericht Cottbus (Insolvenzgericht) die Vergütungsanträge des Insolvenzverwalters und der Gläubigerausschuss-Mitglieder nahezu 1:1 durchgewunken hatten (lediglich für die Fahrzeiten der GA-Mitglieder wurde der Stundensatz reduziert), haben wir - die Initiative Zukunft in Brand - mit guten Anwälten eine "sofortige Beschwerde" gegen diese Vergütungsanträge erarbeiten und einreichen lassen, finanziert durch unser Vereinsbudget, also unsere Mitglieder. Da wir selbst weder als Aktionärsverein noch als einzelne Aktionäre am Insolvenzverfahren beteiligt sind, mussten wir dazu Gläubiger finden, die als Beschwerdeführer auftreten. Wir konnten Herrn Meinl, ehemaliger Geschäftsführer der CargoLifter Development GmbH und Inhaber einer unbestrittenen Forderung gegen die CargoLifter AG, für diese Rolle gewinnen. Daneben vertrat auch Herr Dr. Carl von Gablenz als gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin, also der CargoLifter AG, unsere Beschwerde. (Zu viele Beschwerdeführer hätten sich nachteilig auf die Prozesskosten ausgewirkt).
Das Amtsgericht Cottbus legte die Beschwerden dem Landgericht Cottbus zur Entscheidung vor.

Mehr als drei Jahre gingen ins Land, begleitet von mehreren vorsichtigen Anfragen zum Sachstand seitens unserer Anwälte, bis das - chronisch überlastete - Landgericht Cottbus im Januar 2023 die entsprechenden Beschlüsse fasste und zustellte.
Um es abzukürzen: inhaltlich wurde unseren Einwänden vollumfänglich stattgegeben. Bei den Gläubigerausschuss-Mitgliedern auch betragsmäßig. Ihre Stundensätze wurden von 120,- auf 50,- Euro - dem gesetzlich vorgesehenen Höchstsatz - zurechtgestutzt. Umstände, die das Überschreiten dieser Höchstsätze rechtfertigen hätten können, wurden vom Landgericht nicht anerkannt.
Für den Fall des Insolvenzverwalters wich das Gericht bei einzelnen Punkten betragsmäßig, also im Hinblick auf den jeweils anerkannten Zuschlagssatz etwas von unseren Forderungen ab, so dass man sagen kann, dass wir zu 70 Prozent Recht bekommen haben.
Und zwar: Das Gericht hat das Honorar des Insolvenzverwalters von rund 2,1 Millionen Euro (zuzüglich Auslagenpauschale, Zustellungszuschlag und MwSt) auf 1,0 Millionen Euro herabgesetzt. Unser Antrag hatte gelautet, die Vergütung auf 0,7 Millionen Euro festzusetzen. Der Regelsatz, also ohne Zuschläge, würde 0,47 Millionen Euro betragen.

Damit erhöht sich der zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung stehende "Rest"-Betrag auf rund das Doppelte!
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pestw
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Beitrag von pestw »

Das Gericht hat sich sehr genau mit den einzelnen geforderten und von uns ebenfalls genau kritisierten Zuschlagspositionen auseinander gesetzt und ist dabei unseren Einwänden überwiegend gefolgt, hat jedoch bei der Zumessung der einzelnen Zuschläge zum Teil ein anderes Ermessen ausgeübt. Grundsätzlich wurde jedoch einer überbordenden Selbstbedienung durch Insolvenzverwalter Grenzen aufgezeigt. Insofern dürfte der Beschluss über den Einzelfall hinaus rechtsbildende Wirkung entfalten.

Wir sind mit dem Beschluss sehr zufrieden und sehen uns voll und ganz bestätigt, vor allem, wenn man bedenkt, dass das Amtsgericht keinerlei Bereitschaft gezeigt hatte, sich inhaltlich mit unseren Einwänden auseinanderzusetzen und auch nur irgendwelche Abstriche zu machen.

Herr Dr. Mönning sieht es angesichts dieser Honorarkürzung nun überhaupt nicht mehr ein, auf irgendetwas zu verzichten was ihm seiner Ansicht nach zusteht und hat deshalb im Februar 2023 beim Amtsgericht Cottbus eine Nachforderung über seine Auslagenerstattung in Höhe von 12.000 € eingereicht, für die Zeit nach seiner ursprünglichen Abrechnung, da sich das Verfahren durch das anhängige Beschwerdeverfahren nun länger erstreckt hat. Seine "Großzügigkeit" hat nun wohl ein Ende…
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pestw
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Beitrag von pestw »

Hier noch ein interessanter Auszug aus der Präambel unserer Beschwerde gegen den Vergütungsantrag der Gläubigerausschuss-Mitglieder, verfasst von unseren Anwälten:
Nach über 18 Jahren Insolvenzverfahren ergibt sich folgendes Bild:
• Der Insolvenzverwalter beansprucht EUR 466.820,35 zuzüglich Zuschlägen in Höhe von 350%, insgesamt EUR 2.100.691,57, zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von EUR 399.131,29 und Auslagen in Höhe von EUR 712.080,25 für sich, nachdem er bereits EUR 580.189,58 für die vorläufige Insolvenzverwaltung bekommen hat
• Die Mitglieder des Gläubigerausschusses beanspruchen - nach Festsetzung - eine Vergütung in Höhe weiterer EUR 110.578,40.
Und was haben sie dafür in einer Zeit, dreimal so lange wie das Unternehmen bestanden hat, "erreicht"?
• Es gibt eine noch zu verteilende Masse nach Kosten in Höhe von gerade einmal EUR 1.218.391,75;
• Sie haben die vergütungsrelevante Teilungsmasse im Hauptverfahren gegenüber derjenigen im Eröffnungsverfahren verringert.
• Sie haben
◦ nach der Verwertung von Immobilienvermögen im Buchwert von über EUR 101.000.000 per 30. Mai 2002, bei einer Schuldnerin, die kurz vor dem Insolvenzantrag noch eine Eigenkapitalquote von über 75 % und keinerlei Bankverbindlichkeiten hatte,
◦ obwohl die Herren verhinderten, dass entsprechend § 67 Abs. 2 InsO ein Vertreter der Kleingläubiger in den Gläubigerausschuss berufen wurde und zusagten, selbst die Interessen der Kleingläubiger wahrzunehmen,
eine Quote von gerade einmal etwas über einem Prozent für die Insolvenzgläubiger "erwirtschaftet".
Das ist deutlich unterdurchschnittlich – Insolvenzverwalter vergleichbarer Unternehmen erreichen Deckungsquoten von 4,3 % bis 11,6 %!
- Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 2, Reihe 4.1.1, 2017, S. 2: Deckungsquoten im engeren Sinne (ohne Absonderungsrechte)
• Sie haben mehr als die geltend gemachte Vergütung, konkret EUR 2.263.431,08, für Aufträge an Kanzleikollegen des Insolvenzverwalters, dessen Ehefrau und sein Netzwerk ausgegeben.
Es dürfte außer Frage stehen, dass das Ziel des Insolvenzverfahrens nicht die Bereicherung des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses ist, sondern "die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet" wird (§ 1 InsO). Es dürfte auch unstreitig sein, dass aufgrund der vorgenannten Zahlen hier davon keine Rede sein kann. Schon vor diesem Hintergrund können pauschale Behauptungen, wie die "Intensität der Mitwirkung des einzelnen Ausschussmitglieds", "die im Verfahren bestehenden Herausforderungen während der gesamten Zeit" und der "außerordentliche Umfang des Verfahrens und der damit verbundenen Tätigkeit des Gläubigerausschusses" keine Überschreitung der Vergütung der Gläubigerausschussmitglieder um 240 % des Höchstsatzes rechtfertigen!
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