Dossier Cargolifter 3: Die Kleinen werden ausgebootet

Hier ist der Platz für Artikel die für alle interessant sein könnten. (ZiB und CargoLifter).

Moderatoren: Moderator, ZiB-Moderatoren

Antworten
Burks
Joey
Joey
Beiträge: 34
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Dossier Cargolifter 3: Die Kleinen werden ausgebootet

Beitrag von Burks »

http://www.burks.de/forum/phpBB2/viewtopic.php?p=14220
Die Potsdamer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte ermittelt seit Januar 2003 gegen 16 Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer des CargoLifter-Unternehmens: es besteht ein Anfangsverdacht der Konkursverschleppung. Ende April 2004 will sie mitteilen, das bestätigte der Pressesprecher Staatsanwalt Ralf Roggenbuck vorgestern, ob es zu einer Anklage kommt oder ob das Verfahren eingestellt wird. Die Ermittler haben viel zu tun, denn in Brandenburg folgt eine Affäre der anderen wie ein Blinder dem Blindenhund.[...]
www.spiggel.de - Forum für Kosmopoliten und Kaltduscher

pestw
CL 1000
CL 1000
Beiträge: 1957
Wohnort: Niederbayern

Beitrag von pestw »

Klasse recherchiert! Einige Quellen hätte ich selber nur nach mühsamer Suche wiedergefunden. Absolut lesenswert. Ich empfehle, alle Links anzuklicken.

Lifter
CL 160
CL 160
Beiträge: 513

Beitrag von Lifter »

Ja, es ist schon interessant, wenn man die Geschehnisse in ihrer Folge einmal so konzentriert dargeboten bekommt.

Eines sollte noch deutlich werden: Wir haben das Insolvenzrecht sehr wohl verstanden, auch wenn Mönning und seine Helfer anderes verlautbaren lassen.

Natürlich sind Aktionäre ausgebootet. Das sieht das Gesetz so vor.
Auch haben Aufsichtsrat und Vorstand keine Handhabe mehr. Wäre es anders, bräuchte man ja nie einen Insolvenzverwalter.

Es geht um die Art und Weise wie das Amt ausgeübt wird. Herr Burks stellt schon richtig dar, dass Dr. Fürniß auf jeden Fall die Person Gablenz los werden wollte. Das war eine persönliche Sache.

Die Zeit als "schwacher Verwalter" - im eigentlichen Wortsinn ist er das ja heute immer noch - wollte Mönning möglichst schnell hinter sich lassen. Dazu passt es natürlich gut, dass man das Bild vom ausgebluteten Unternehmen propagiert, welches nur auf diese Art (Massekredit gegen Rücktritt) eine potentielle Überlebenschance habe und anschließend noch eine Kampagne startet, die von dem ungeklärten Verbleib von Millionen von Euro und natürlich den "Anhaltspunkten" auf Insolvenzverschleppung spricht und Millionen vom Ex-Vorstand fordert.

Das wirft erst einmal genug Nebel, um nach Schema F vorzugehen.

Dazu gehört auch der Ablauf der Gläubigerversammlungen. Genau, nämlich zwei davon. Vor der großen hat es nämlich noch eine kleinere gegeben, die für die Wandelanleihezeichner vorgesehen war. Dazu wurde im Vorfeld schon einmal alles klar gemacht. Es wurden Briefe an die Zeichner geschickt, die schon eine Vollmacht für einen Anwalt enthielten, den Mönning ausgesucht hatte. Herr Fritz, ein junger Insolvenzanwalt in den Diensten der Rechtsanwälte Hermann Bähr Michl Lenhard Fiedler, Leipzig , hatte nie eine reelle Chance, die Interessen der Zeichner zu vertreten. Eigentlich wollte man ja auch nur einem Anno Tuck Gesetz genüge tun, welches eine solche Verfahrensweise vorschreibt.
Wolfgang Pest, der auf "ordentlichen" Weg Vollmachten gesammelt hatte, war deswegen natürlich chancenlos, als Vertreter gewählt zu werden.

Fritz wurde laut eigener Aussage vom Informationsfluß abgeschnitten und mit keinerlei Mitteln durch den IV ausgetattet, um eine Kommunikation mit seinem Klientel aufzunehmen. Da er auch persönlich an der Sache nichts verdient, ist seine Schmerzgrenze relativ hoch, ab der er aktiv tätig würde. Also hat man seitdem nie wieder etwas von ihm gehört. Geschickt gemacht, nicht wahr?

Damit man sich ein "Bild" von dem Robin Hood der WA-Zeichner machen kann:

Bild

http://www.insolvenzverein.de/archiv/ve ... nztage.htm


Auch interessant: Auf der großen Hauptversammlung versuchten Gläubiger - in diesem Fall Lieferantengläubiger - einen Vertreter im Gläubigerausschuß zu platzieren. Erfolglos, denn die gesetzten Vertreter ließen sich das Versprechen abnehmen, sich natürlich ebenso für die Interessen der Lieferanten einzusetzen. Mönning selbst wies darauf hin, dass es alles nur komplizierter würde, wenn ein weiteres Ausschußmitglied gewählt würde. Im guten Glauben ließ man also von dem Vorhaben ab und ließ geschehen, was geschehen sollte.

Seitdem kann sich Mönning ein ums andere Mal darauf berufen, dass er ja schließlich vom GA einen Freibrief erhalten habe, zu tun was er für richtig hält. Wird es unangenehm, kann er sich immer auf die Entscheidungen des GA berufen. So einfach ist das.

Und so kam es, dass der Gläubigerausschuß einzig und allein mit Vertretern besetzt ist, die erst durch die Insolvenz ihre Forderungen erheben konnten:

Das Land Brandenburg durch den Massekredit
(Wasmuth, WiMi Brandenburg)
Organigramm WiMi

Die ILB durch die Rückforderung der Förderung
(Schmidt)
Organigramm ILB

Das Arbeitsamt wegen des vorfinazierten Insolvenzgeldes
(Hunnekuhl, Stein und Hunnekuhl, Reutlingen )

Da Letzterer von der Troika der Unbekannteste ist, hier ein Bild von der gleichen Veranstaltung wie oben (2. Tag)

Bild

Zum Beispiel ein Herr Loos, der die Krananlage gebaut hat und einen Platz für seinen Anwalt im GA gefordert hatte, hat nichts zu melden.

So wird die eigentliche Absicht des neuen Insolvenzrechts pervertiert und ausgehebelt.

Die Politik spielt Daumen hoch (Hesco) oder Daumen runter (CargoLifter) und beeinflusst anscheinend die Entscheidungen der ILB. Der Ermessensspielraum muss da für Erklärungen herhalten. Perfide!
Innovation braucht Mut!

pestw
CL 1000
CL 1000
Beiträge: 1957
Wohnort: Niederbayern

Beitrag von pestw »

Jetzt nimm doch dem Herrn Burks, wie du ihn nennst, nicht den ganzen Stoff weg! ;)

k.moestl
CL 160
CL 160
Beiträge: 360
Wohnort: Braunschweig

Beitrag von k.moestl »

Ich habe den dritten Teil des CargoLifter Dossiers mit großem Interesse gelesen.
Gleich im erste Link (EcoReporter.de) las ich:

"Der Luftschiffbauer soll möglicherweise durch den US-Logistikkonzern Universal Express Inc (USXP), New York, übernommen werden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur vwd wird USXP durch Fondsgesellschaften unterstützt, die das Kapital für den Verkauf zur Verfügung stellten. CargoLifter-Insolvenzverwalter Rolf-Dieter Mönning habe mit dem amerikanischen Unternehmen die Konditionen für eine Übernahme ausgehandelt, hieß es, ein "Letter of Intent" sei bereits unterzeichnet."

Das erinnerte mich an Mönnings zahlreiche, heraus posaunte Erfolgsmeldungen, die später alle wie Seifenblasen zerplatzten, ohne dass plausible Erklärungen für das Scheitern gegeben wurden. Ich bin gespannt auf den Teil des Dossiers, der sich mit diesem Thema auseinander setzt!

Klaus Möstl
ZUKUNFT GESTALTEN - NACHHALTIGE INNOVATIONEN FÖRDERN

Burks
Joey
Joey
Beiträge: 34
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Beitrag von Burks »

pestw hat geschrieben:Jetzt nimm doch dem Herrn Burks, wie du ihn nennst, nicht den ganzen Stoff weg! ;)
Ich höre aber auf "Burks" :-).
Nur damit das klar ist: Ich recherchiere ergebnisoffen und bin nur an Fakten interessiert. (Ich habe also keine Aktien, in welche Richtung auch immer)
Burks
www.spiggel.de - Forum für Kosmopoliten und Kaltduscher

pestw
CL 1000
CL 1000
Beiträge: 1957
Wohnort: Niederbayern

Beitrag von pestw »

Das ist mir schon klar. Deshalb auch die ausführliche Würdigung von Doc Schneider, der zwar als Koryphäe gilt, aber dennoch ein paar Irrtümer und Fehleinschätzungen mit sich herum schleppt.

Es zeigt sich halt wieder: je genauer und hintergründiger recherchiert wird, desto klarer wird ganz von selber, welcher Aktionärsbetrug da im Fall von CargoLifter inszeniert wurde. Auch ohne dass der Berichterstatter nach irgend einer Seite tendiert.

"Normale" Journalisten haben nur keine Lust, sich so eingehend damit zu beschäftigen, denn bis sie sich mal richtig hinein gekniet haben, kommt schon der nächste Skandal daher, um den sie sich kümmern müssen.

Antworten