Sachsen bricht ein Tabu - fördert Insolvenzplanverfahren

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Sachsen bricht ein Tabu - fördert Insolvenzplanverfahren

Beitrag von RSM »

Ein erster Schritt den Insolvenzverwaltern den richtigeren Weg aufzuzeigen:

Sachsen bricht ein Tabu
Von Michael Rothe


Freistaat geht neue Wege bei der Krisenbewältigung von Firmen und fördert Insolvenzplanverfahren.

Dresden. Dass Sachsen gern den Vorreiter in Deutschland spielt, ist nicht neu. Bereits seit dem Herbst bekannt ist auch ein bundesweit einmaliges Förderprogramm „Krisenbewältigung und Neustart“. Und doch haben am Mittwoch viele Unternehmensberater, Banker, Anwälte und Unternehmer erstmals von Insolvenzplänen und deren Förderung durch den Freistaat gehört. Die Sächsische Aufbaubank (SAB), das hiesige Wirtschaftsministerium, die Kammern und die RKW Sachsen GmbH warben auf einer Fachtagung im Dresdner Hygienemuseum für die bislang wenig genutzte Sanierungsalternative.

Etwa 2 400 Firmenpleiten gab es laut Wirtschaftsauskunftei Creditreform im vergangenen Jahr in Sachsen – kaum weniger als im Vorjahr. „Dies führte zu einer weiteren Bedrohung oder dem Verlust von Arbeitsplätzen“, sagte Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) vor den knapp 200 Tagungsteilnehmern. Bislang seien Insolvenzen „ein extrem Tabu belastetes gesellschaftliches Problem“. Während über erfolgreiche Gründungen gern berichtet werde, gelte das Verschwinden vom Markt als „abschreckendes Beispiel“.

„Wir müssen uns damit vertraut machen, dass es Unternehmensinsolvenzen immer schon gab und wohl auch immer geben wird“, so Jurk. Allerdings lohne es, das Potenzial von überlebensfähigen Unternehmen in der Krise zu sichern, ohne marktwirtschaftliche Anpassungsprozesse zu unterlaufen. Die Insolvenz sei auch eine Chance zum Neustart. Unternehmen, Jobs und früher geförderte Investitionen könnten so erhalten bleiben.

Bis 100 000 Euro ohne Brüssel

Diesen Neuanfang will der Freistaat trotz knapper Kassen mit einem Förderinstrument für kleine und mittlere Gewerbebetriebe erleichtern. Wie die SZ von Jurk erfuhr, werden dafür in diesem Jahr 2,2 Millionen Euro bereitgestellt. 2006 sollen es 5,8 Millionen und im Jahr darauf 8,8 Millionen Euro sein – keine Umschichtungen, sondern neue Titel im Haushalt.

Nach Angaben der Sächsischen Aufbaubank (SAB) werden die Kosten für Insolvenzpläne anteilig übernommen. Ferner könnten Unternehmen zur Sicherung der Liquidität kurzfristig Darlehen erhalten – auch beim Neustart für Betriebsmittel und Investitionen. Bis zu 100 000 Euro können laut Jurk unkompliziert bereitgestellt werden, höhere Summen müssten von der EU genehmigt werden.

„Entscheidend ist, wie schnell ein Chef die Gefahr für seine Firma erkennt und sich darauf einstellt“, sagte der Minister. Wolfgang Topf, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, appellierte an Insolvenzverwalter, „nicht nur die Interessen der Gläubiger zu sehen, sondern auch die der Arbeitnehmer und der Gesellschaft“.

Unter den Angesprochenen ist das Verfahren (Kasten) umstritten. „Aber das Lager der Befürworter wächst“, sagt der Dresdner Anwalt Andrew Seidl. Von den etwa 60 Firmen, die seine Kanzlei mit jener Methode seit 1999 vor dem schnellen Aus bewahrt hat (unter anderem das Kunststoffwerk Demus in Königsbrück mit 247 Beschäftigten), seien bis auf zwei noch alle am Markt, sagt er.

SAB-Vorstand Rainer Irmen verwies auf nicht bilanzierbare immaterielle Werte wie Wissenskapital, das für den Marktwert immer wichtiger werde und erhaltenswert sei. IHK-Präsident Topf rief Krankenkassen, Finanzämter und Banken auf, Betroffene auf das neue Instrument hinzuweisen. Mit der Information stehe und falle das Programm. Es handle sich um „Patienten, die nur unter Zwang zum Arzt gehen – noch dazu, wenn es schon sehr schlecht um sie steht“. S.6

www.sab.sachsen.de

zu finden unter
http://www.sz-online.de/nachrichten/art ... ?id=812401

pestw
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Beitrag von pestw »

NMSMAX hat geschrieben:Und doch haben am Mittwoch viele Unternehmensberater, Banker, Anwälte und Unternehmer
und Insolvenzverwalter... :?
NMSMAX hat geschrieben: erstmals von Insolvenzplänen und deren Förderung durch den Freistaat gehört.
Klasse! Eine gute Initiative. Gerade auch deshalb:
SAB-Vorstand Rainer Irmen verwies auf nicht bilanzierbare immaterielle Werte wie Wissenskapital, das für den Marktwert immer wichtiger werde und erhaltenswert sei.
Ich wage zu behaupten, dass diese Vielzahl von Insolvenzen bei uns, wo jedes Mal nicht nur die ganzen Betriebseinrichtungen in alle Winde verstreut werden, sondern das ganze Know-how, in das zuvor große Summen geflossen sind, zunichte gemacht wird, einen maßgeblichen Anteil daran hat, dass Deutschland so weit ins Hintertreffen gerät. Gerade Deutschland, das nicht durch günstige Produktionsbedingungen glänzen kann, sondern in Forschung, Bildung und Know-how seine Potenziale hat, vernichtet gesellschaftliche Leistung, indem es dieser insolvenzbedingten Verschleuderung von Werten tatenlos zusieht.

In diesem Sinne ist die sächsische Inititiative ein Schritt in die richtige Richtung, der gar nicht genug gelobt werden kann.
Bild :zib Initiative Zukunft in Brand - Wir verleihen CargoLifter Auftrieb!

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