FTD am 17 April 2007

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Henry
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FTD am 17 April 2007

Beitrag von Henry »

http://www.ftd.de/unternehmen/handel_di ... 87344.html

Badeschlappe
von Jan Keith (Brand)
Der Bau des größten überdachten Tropenparks der Welt hat Millionen an Fördermitteln verschlungen. Doch die Gäste bleiben aus. Jetzt wollen die Betreiber von Tropical Islands mit einem riesigen Ferienkomplex nachlegen - und fordern wieder Hilfe vom Staat.
Dort steht sie, die Halle. Wie ein Raumschiff von einem fernen, fremden Planeten, das zufällig in der Niederlausitz gelandet ist. Drumherum: Wiesen, Kiefern, Sträucher, matschiger Boden. Die Wolken hängen tief, berühren die silbern schimmernde Membran. Regen peitscht horizontal über die Felder. Das Wetter ist so mies, dass selbst die Schafe in Deckung gehen.

An so einem Höllentag, wie ihn Brandenburg vor Hoch "Peggy" in diesem Frühjahr oft erlebt hat, geht man besser rein in die Halle. Drinnen wartet das Paradies - und ein freundlicher Herr im Anzug. Schweiß perlt von seiner Stirn. Das ist Ole Bested Hensing, Geschäftsführer des Freizeitparks Tropical Islands. Es ist 26 Grad warm, die Luft ist schwül, aber er lässt sein Jackett an. Er schlendert vorbei an Palmen, künstlichen Wasserfällen und schneeweißen Stränden, biegt rechts ab in den Regenwald. "Es läuft richtig gut", sagt er und betritt einen menschenleeren Souvenirshop. "Wie geht's?", begrüßt er die Mitarbeiterin, die gerade Badeschlappen sortiert, und setzt ein Lächeln auf, als sei er Politiker im Wahlkampf.

Und er muss ja auch ständig kämpfen: um zahlende Gäste, um immer neue staatliche Fördermittel - und gegen den Vorwurf, ein todgeweihtes Projekt unnötig lange am Leben zu erhalten. Jetzt will Hensing dem größten überdachten Tropenpark der Welt endgültig zum Durchbruch verhelfen - abermals mit üppigen Staatsgeldern.
Gute Laune wirkt deplaziert
Hensings gute Laune wirkt an diesem bizarren Ort irgendwie fehl am Platz. Restaurants, Showbühnen, Strände - das Paradies hat alles, nur keine Besucher. Die riesigen Parkplätze vor der Halle sind verlassen, nur an der Nordseite stehen ein paar Autos. An den Kassen wartet niemand auf Einlass. Drei Millionen Gäste hatte der malaysische Geschäftsmann und Erfinder des Tropenkonzepts Colin Au bei der Eröffnung im Dezember 2004 fürs erste Geschäftsjahr versprochen. Es wurden gerade einmal 975.000. Vergangenes Jahr waren es nach unbestätigten Zahlen nur noch 700.000. Die operativen Verluste stiegen um ein Drittel auf knapp 15 Mio. Euro.

Das Geld, das Tropical Islands Tag für Tag verliert, stammt nicht zuletzt aus Steuermitteln. Die mehr als 100 Meter hohe Werfthalle übernahm das Unternehmen aus der Insolvenzmasse des mit vielen Staatsmillionen gepäppelten, aber dennoch gescheiterten Luftschiffbauers Cargolifter - für gerade einmal 17,5 Mio. Euro. Dort, wo der Traum vom größten fliegenden Transporter der Welt geplatzt war, ließ er Sand auf den Betonboden streuen, fünf Millionen Liter Wasser einlaufen und Hunderte tropische Gewächse pflanzen. Dafür flossen im Dezember knapp 17,4 Mio. Euro aus der Landeskasse auf das Konto von Tropical Islands.

Colin Au vor der Cargolifter-Halle in BrandAußerhalb der Halle am Ortsrand von Brand ist von blühenden Landschaften nicht viel zu sehen. Es gibt ein paar Häuser, einen Bahnhof und eine holprige Straße, die vorbeiführt an Ruinen einer alten sowjetischen Kaserne. Niemand bleibt hier, der nicht muss. Colin Au ist auch schon weg. Kurz bevor er im Sommer 2005 den Chefposten räumte, schob er nur noch Liegestühle hin und her, erzählen Mitarbeiter. Dann erlitt Au, der heute noch Mitgesellschafter ist, auch noch einen körperlichen Zusammenbruch.

Richten soll es nun Hensing, ein Mann der leisen Töne, jemand, der inmitten der Tropenkulisse so aussieht wie ein Manager, den man aus Versehen im brasilianischen Urwald ausgesetzt hat. Die Ziele seines Vorgängers seien "illusorisch" gewesen, räumt der Däne ein. Er kalkuliert mit 1,2 Millionen Gästen, die für einen kostendeckenden Betrieb nötig sind. "Das werden wir 2008 erreichen."


Lieber als über Besucherzahlen spricht der Manager über das nächste Kapitel, das er in Brand aufschlagen will. Hensing plant eine gigantische Ferienanlage. "Die eigentliche Vision des Projekts ist die Idee eines Resorts", schwärmt er. Geplant sind 2000 Apartments, ein Hotel und ein Campingplatz.

"Es gibt zu wenig Übernachtungsmöglichkeiten", sagt Hensing. Urlauber, die von weit her kommen, fänden kaum Schlafplätze. Genau solche Touristen brauche Tropical Islands jedoch, um profitabel zu werden. "Langfristig wollen wir im Schnitt 6000 Gäste täglich haben."

Gebaut und vermarktet werden soll das ehrgeizige Projekt von einem Touristikkonzern. "Zwei Konsortien haben uns ihre Konzepte bereits vorgestellt." Hensing hofft, mit starken Partnern bei der Vermarktung von Tropical Islands einen großen Schritt nach vorn zu machen. Bislang hat die Touristikindustrie die gigantische Halle zwischen Ludwigsfelde und Lübbenau so gut wie ignoriert. "Tropical Islands taucht kaum auf in den Katalogen der Reiseveranstalter", bestätigt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband.

Der Aufsichtsrat in Malaysia hat das ambitionierte Vorhaben noch nicht abgenickt, die Vorverträge seien jedoch bereits unterschrieben, so Hensing. Innerhalb der nächsten zwölf Monate werde mit dem ersten Bauabschnitt begonnen. Den Bebauungsplan der zuständigen Gemeinde Unterspreewald erwartet der Statthalter in wenigen Wochen.

Halle wird auf Tropenfeeling getrimmt
Um mehr Besucher anzulocken, lässt Hensing bereits jetzt den früheren Hangar verschönern. Ein dringend notwendiger Schritt, findet Karl Born, Professor für Tourismusmanagement an der Fachhochschule Wernigerode. "Tropical Islands hat ein Problem bei der Gestaltung der Halle", sagt der ehemalige Vorstand des Touristikkonzerns TUI. "Wer auf einem Liegestuhl liegt, schaut auf eine graue, hässliche Decke. Und die Palmen sind kaum größer als ein Mensch. Da kommt kein Tropenfeeling auf."

Das soll sich nun ändern. Neue Pflanzen schmücken mittlerweile die Halle. Ebenso eine Riesenrutsche und schicke Natursteinböden. Im Juli soll eine Saunalandschaft eröffnen. Insgesamt steckt Tropical Islands 23 Mio. Euro in den Umbau.

Am grundsätzlichen Problem des Parks, seiner Lage, ändert das nichts. "Ich bezweifle, dass es Tropical Islands mit dem jetzigen Konzept gelingen wird, wirtschaftlich zu arbeiten", sagt Ulrich Reinhardt vom BAT-Freizeitforschungsinstitut. Berlin ist über eine Autostunde entfernt. "Zu weit", glaubt Reinhardt. Laut einer Studie des Instituts nehmen die Menschen im Schnitt nur 38 Minuten Anfahrtszeit für den Besuch in einem Erlebnisbad in Kauf. "Die Menschen gehen lieber in das Spaßbad vor der Haustür."

Und davon gibt es allein in Brandenburg mehr als 20. Bereits vor vier Jahren stellte die Landesregierung in Potsdam fest: "Für Freizeitbäder bedarf es eines regionalen Einzugspotenzials von mindestens 800.000 Einwohnern im Radius von 45 Minuten." Das ist in Südbrandenburg wahrlich nicht der Fall.


Gebaut wurde Tropical Islands trotzdem - mit Unterstützung des Landes. Für die Erweiterung hat Geschäftsführer Hensing abermals einen Antrag gestellt. Er rechnet damit, dass er im Sommer genehmigt wird. Von der ursprünglichen Aussage, das Projekt auch ohne Fördermittel rentabel zu betreiben, ist in Brand keine Rede mehr. "Kein Geschäftsführer dieser Welt versäumt es, Fördergelder zu beantragen", sagt Hensing.

Bei Ökonomen sorgt diese Haltung für Empörung. "Es gab eine Vereinbarung, die wurde nicht eingehalten", schimpft Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Ihm sei es unverständlich, warum die Landesregierung jetzt Geld nachschieße. "Solche Projekte zu fördern ist ordnungspolitisch unsinnig." Gerade in Brandenburg sind nach der Wende Hunderte Millionen Euro Steuergelder versickert. Allein das Pleiteprojekt Cargolifter ließ sich der Staat 40 Mio. Euro kosten.

In Potsdam beharrt man darauf, dass die Unterstützung von Tropical Islands wirtschaftlich geboten sei. "Wir tragen dazu bei, dass 500 Arbeitsplätze erhalten bleiben", sagt Claudia Lippert vom Brandenburger Wirtschaftsministerium. 501, um genau zu sein. Exakt so vieler Angestellter bedarf es, um die entsprechenden Fördermittel zu erhalten. Knapp 200 Mitarbeiter mussten gehen, seit Hensing seinen Job angetreten hat. Die abendliche Show gestalten nur noch gut ein Dutzend Tänzer, früher waren es 100. Hensing drückt Versicherungskosten und Einkaufspreise der Lieferanten. Den Operations Manager, der den Betrieb der Halle organisiert, tauschte er kurz nach Amtsantritt im November 2005 ebenso aus wie den Gastronomiechef.

Der Däne ist überzeugt, dass sein Kurs zum Erfolg führen wird. ??? Born ist sich nicht ganz so sicher: "Nur Geduld", sagt er sarkastisch. "In unserer Branche heißt es: Das Ding muss zweimal pleitegehen, dann läuft's."

:evil:

k.moestl
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Beitrag von k.moestl »

Der Däne ist überzeugt, dass sein Kurs zum Erfolg führen wird. ??? Born ist sich nicht ganz so sicher: "Nur Geduld", sagt er sarkastisch. "In unserer Branche heißt es: Das Ding muss zweimal pleitegehen, dann läuft's."
Und für den Fall, dass es doch nicht klappt, hat Herr Hensing vorgesorgt, indem er sich als Energieberater betätigt:

http://berlin.cylex.de/firma-home-berli ... 98763.html

Warum auch nicht als Energieberater?
Als Betreiber der größten Energieschleuder Deutschlands weiß er, was Energieverschwendung kostet. :!: :evil:
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