Helium + Wasserstoff

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Andreas Eichner
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Entmischung

Beitrag von Andreas Eichner »

Diese Diskussion hatten wir schon mal. Auch ich war der Meinung, das eine Entmischung stattfindet. Aber unsere Atmosphäre ist ja auch gemischt... Andreas
Zukunft - man kann sie nicht aufsuchen-
aber es gibt Orte, wo man sie spürt.

Roland Grün
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Beitrag von Roland Grün »

Es gibt zwei Kräfte:

Zum ersten drängt die Zufallsbewegung die Gasteilchen auf maximale Vermischung. Das ist auch unter "Diffusion" oder "Maximierung der Entropie" bekannt.

Zum zweiten drängt die Differenz der Gewichte die Gasteilchen auf maximale Entmischung, sprich die leichteren nach oben und die schwereren nach unten. Das ist auch unter "Konvektion" (genauer gravitative Konvektion, im Gegensatz zur thermischen K.) bekannt.

Bei den Verhältnissen in unserer Atmosphäre, auch in einem Blimp, überwiegt die Diffusion gegenüber der Konvektion.

Aus diesem Grund muss der Austausch Luft gegen Helium in einer Blimp-Hülle auch mit einer genau definierten Geschwindigkeit und über die gesamte horizontale Ebene parallel erfolgen: Nicht zu langsam, damit die natürliche Vermischung noch nicht so schlimm ist, aber auch nicht zu schnell, damit die Grenzschicht nicht verwirbelt.

Wenn man zwei Gase absichtlich mischen will, so ist das einfach: Man muss sie zusammenbringen und dann nur genügend lange warten.

Zum Helium in unserer Atmosphäre gibt es noch zu sagen:
Es wird aus dem Erdinneren ständig nachgeliefert, verschwindet aber (leider) auch ebenso schnell im Weltraum, da die superleichten Gasteilchen die Fluchtgeschwindigkeit überschreiten. Deshalb haben wir nur 0.004 Prozent davon in der Luft. (Hoffentlich habe ich jetzt keine 0 zu viel oder zu wenig geschrieben...)

Andreas Eichner
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Beitrag von Andreas Eichner »

Roland, nicht so viel von dem Zeugs, sonst reden wir alle, wie die Wiener Sängerknaben singen :wink: :lol: . Das wäre aber ein Gequietsche. Dann lieber eine Null mehr :wink: :wink: :wink: Andreas
P.S. Gestern abend bei Pro Sieben hats Aiman Abdallah vorgemacht -Helium im Kehlkopf. Putzig
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Roland Grün
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Beitrag von Roland Grün »

Viel Publikum, auch über TV. Ein H2-CL160 schwebt über dem Brand ein. Er macht nicht fest, sondern nimmt nur Ladung auf. Die Ladung ist sichtbar schwer und groß, schon tausendmal durch He-CL160s geübt, soweit nichts besonderes. Besonders ist nur, dass H2 im Inneren der Hülle wabert und nicht He.

Der Lastaustausch ist beendet, die Leinen sind los, der Koloss schebt wieder frei. Da kommen Soldaten mit MGs. Sie feuern in die Hülle, naja, das ist ja klar, die Löcher sieht man auf die Entfernung garnicht, und der Riese ist unbeeindruckt. Alle wissen: das Norm-Leck, auf das er ausgelegt ist, ist 2 Quadratmeter, da tut sich mit den paar Löchern noch garnichts. Also noch nichts aufregendes. Gähnen macht sich breit. Da bringen sie einen Panzer in Stellung. Kawumm, eine Granate trifft auf die Hülle und ist so empfindlich, dass es sie gleich zerreißt. Jetzt sieht man ein Loch, mit dem Feldstecher. Der Koloss nimmt es gelassen. Ob der austretende Wasserstoff brennt? Kann man schlecht erkennen, es ist noch zu hell, und die Flamme wäre nur sehr spärlich und dunkelblau. Eine Stunde später ist es dunkel, und man sieht es dort blau glimmen, wo das Loch sein muss. Am nächsten Tag sieht man, dass die Hülle oberhalb des Lochs leicht lädiert ist, aber keineswegs verkokelt. So bleibt der Riese weiterhin auf seinem Posten, tagelang. Am dritten Tag lassen sie etwas Ballastwasser ab, um den sinkenden Auftrieb zu kompensieren. Wie war das noch mit der Hindenburg? Ja, deren Hülle war aus Leinen und mit Leichtmetall beschichtet, das brennt wie Zunder, fast wie das Zeug in den alten Blitzlichtern. Wie sicher ist ein H2-Blimp im Vergleich zu einem Kerosin-Flügler?

Frodo Baggins
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Beitrag von Frodo Baggins »

@Roland
Kann man das von Dir beschriebene Szenario im Modell nachstellen? Etwa bei der TU Cottbus? Irgendwo hat ein CL-160-Modell ja auch die Blitzschutzprüfung abgelegt.

Das könnte dann wirklich :D eine Überwindung des Hindenburg-Syndroms sein.

Gruß aus Nürnberg
Roland
(Frodo.)

Andreas Eichner
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Beitrag von Andreas Eichner »

Scala einsetzen - wäre eine Sache. pestw? Interessanter Vorschlag!
Andreas
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AndyWe
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Beitrag von AndyWe »

Roland Grün hat geschrieben:.... Wie sicher ist ein H2-Blimp im Vergleich zu einem Kerosin-Flügler?
Genau das ist der Punkt! Er kann genau so sicher sein. IMHO sogar sicherer.

Grüße
AndyWe
Die Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Max Frisch

Roland Grün
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Beitrag von Roland Grün »

Im Prinzip machbar. Aber es geht ja nicht in erster Linie um einen Nachweis im technisch/wissenschaftlichen Sinne. Sondern um Überzeugungsarbeit an Millionen Menschen, und da braucht es schon das Original. Glaubt ihr, die BILD-Zeitung würde auf der ersten Seite von einem H2-Flämmchen an SCALA berichten?
Trotzdem, wenn da modellmäßig etwas auf die Beine gestellt werden soll, bin ich natürlich mit dabei, so weit ich kann.

Andreas Eichner
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Beitrag von Andreas Eichner »

Solange der Druck innerhalb des Blimps höher ist, als der Außendruck, also H2 ausströmt kann nichts passieren. Aber was ist, wenn dieser Druck so weit gesunken ist, das die Luft zurück-strömen kann? Kommt es dann nicht doch zu einer Verbrennung alá Hindenburg? Zwar kann man viel über das Hüllenmaterial auffangen, das ja bei der Hindenburg fast schlagartig verbrannte, aber wie lange hält selbst das neueste Material stand? Zumal man darauf achten muss, das bei einer langsamen Verbrennung des Hüllenmaterials kein Chlor frei wird. Chlorknallgas explodiert bereits bei Einwirkung von Sonnenlicht :!: Dagegen ist das Vorprodukt unseres Wassers harmlos. Andreas
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Roland Grün
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Beitrag von Roland Grün »

Damit Luft durch ein Loch in die Hülle hineinströmen kann, darf in der Hülle kein höherer Druck sein als außen. Wenn das der Fall ist, liegt das Luftschiff längst am Boden, und die Hülle ist nur noch ein jämmerlicher Haufen.

Ich nehme den nächsten Einwand gleich vorweg: Wenn Wind an der Hülle entlangstreicht, so dringt die Luft dadurch auch nicht durch das Loch in die Hülle, sondern, im Gegenteil, es entsteht eine Sogwirkung aus dem Loch heraus ins Freie.

Die klassische Knallgas-Reaktion, wie man sie aus dem Physikunterricht kennt, ist beim Hindenburg-Unglück nicht passiert. Die Hülle ist rasend schnell verbrannt, die Kuhdarm-Hüllen der Gaszellen fast genauso schnell hinterher, und dann der Wasserstoff, der hat am längsten gebraucht, aber dessen Flammen sind praktisch unsichtbar. Die Leute sind nicht an der Hitze gestorben, sondern weil sie abgesprungen sind. Diejenigen, die nicht abgesprungen sind, haben meines Wissens alle überlebt.

Eine Knallgas-Reaktion erfordert, dass keiner der beiden Reaktionspartner Sauerstoff und Wasserstoff allzusehr in der Minderheit ist. Und bis zum Knall darf natürlich noch nichts brennen, sonst kommt es nie zu einem Knall. Also, um so etwas mit einer Blimp-Hülle hinzukriegen, bedarf es schon großer Kunstfertigkeit.

Alles steht und fällt mit der Unbrennbarkeit der Hülle, und ein Loch darf aufgrund der Zugbelastung an den Rändern nicht weiter einreißen. So weit ich weiß, ist das für das CL160-Hüllmaterial voll erfüllt. Um diese beiden Eigenschaften zu testen und nachzuweisen, braucht man nur einen relativ kleinen Rest, spannt ihn mit den Kräften auf, denen er später auch ausgesetzt ist (sicherheitshalber noch etwas mehr...), setzt dieses Ding als Fenster in einen Kasten ein, und füllt den Kasten mit Wasserstoff unter dem Maximaldruck (plus Sicherheit...) , das ist nicht viel, sicher nicht mehr als 8 Zoll Wassersäule. Dann ein Loch reinhacken, und anzünden. Dann sieht man, was passiert.

Igel
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Beitrag von Igel »

Die klassische Knallgas-Reaktion, wie man sie aus dem Physikunterricht kennt, ist beim Hindenburg-Unglück nicht passiert. Die Hülle ist rasend schnell verbrannt, die Kuhdarm-Hüllen der Gaszellen fast genauso schnell hinterher, und dann der Wasserstoff, der hat am längsten gebraucht, aber dessen Flammen sind praktisch unsichtbar. Die Leute sind nicht an der Hitze gestorben, sondern weil sie abgesprungen sind. Diejenigen, die nicht abgesprungen sind, haben meines Wissens alle überlebt.
Soweit ich weiß - sah zumindest in den Dokumetationen so aus :shock: - sind ziemlich viele Passagiere, die absprangen mit ihrem Leben davongekommen. Die, die drin geblieben sind, waren jedoch einer ziemlich großen Hitze ausgesetzt (die Alu-Tragkontruktion ist durch die Hitze ja völlig kollabiert).
Die Hitze ist jedoch nicht hauptsächlich durch die Wasserstoffverbrennung, sondern durch das Abfackeln der Hülle entstanden.

Ivo.

Roland Grün
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Beitrag von Roland Grün »

An vielen Stellen, z.B. in http://www.innovation-brennstoffzelle.de/h2/haupt6.html
wird behauptet, dass alle, die nicht abgesprungen sind, überlebt haben. Aber soweit ich weiß sind das alles keine erste-Hand-Quellen. Der offizielle deutsche Untersuchungsbericht ging darauf überhaupt nicht ein und vermied im übrigen die Erwähnung der Brennbarkeit der Hülle, was entscheidend zum Hindenburg-Syndrom beitrug. In Friedrichshafen wussten es die Experten zum gleichen Zeitpunkt bereits besser. Die Hüllen aller damaligen großen Luftschiffe waren praktisch mit dem gleichen bestrichen, was man in Feststoffraketen stopft!

pestw
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Beitrag von pestw »

Roland Grün hat geschrieben:In Friedrichshafen wussten es die Experten zum gleichen Zeitpunkt bereits besser.
So ist es. Und die LZ 130, das Nachfolgemodell der LZ 129 hatte auch diesen brandgefährlichen Anstrich nicht mehr.
Überhaupt ist es eine weitverbreitete, jedoch falsche Legende, dass die Hindenburg-Katastrophe das Ende der Passagierluftschifffahrt besiegelt habe.
Genauso wenig wie die Titanic-Katastrophe die Passagierschifffahrt besiegelt hat.
Grund für das Ende der Passagierluftschiffe war vielmehr, dass das Hitler-Regime kein Interesse an der völkerverbindenden Rolle der Luftschiffe hatte, dafür jedoch viel mehr am Aluminium der Traggerüste der Luftschiffe für Zwecke des Flugzeugbaus und der Waffentechnik etc. Denn Flugzeuge waren wegen ihrer Schnelligkeit und relativen Kleinheit weitaus geeigneter für kriegerische Zwecke. Auf hohe Reichweiten, komfortables Reisen und hohe Nutzlasten kam es angesichts der geringen Geschwindigkeit nicht so an. Somit wurden die bereits fertiggestellte und erprobte LZ 130 und die langjährig unfallfreie LZ 129 "Graf Zeppelin" zerstört und verschrottet und alle Werfthallen gesprengt. :(
Mit der Hindenburg-Katastrophe hatte das alles nichts zu tun.

Aber die Bilder von der brennenden Hindenburg, der ersten Live-Katastrophe, sind immer noch gut tauglich für spektakuläre Fernseh-Reportagen, wenn man gerade nichts anderes im Programm hat. Und so bleibt es eine Legende ohne Ende...
Bild :zib Initiative Zukunft in Brand - Wir verleihen CargoLifter Auftrieb!

Roland Grün
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Beitrag von Roland Grün »

http://www.unmuseum.org/hindenburg.htm
behauptet:

"Passengers jumped from windows and ran for safety".

Ich denke, unten war keine große Hitze, und das brennende Luftschiff setzte relativ sanft auf. Im Bereich der Passagier-Räume brannte erst später die Hülle ab, wie man auch an den Photos sehen kann. Der Wasserstoff brannte nicht sichtbar weit oben.
Das Feuer zog von der Seite und von unten frische Luft an, so dass die Leute auch nicht erstickten.
Dass die Abgesprungenen nicht überlebten, leuchtet ein, bei der Höhe.
Ich habe einen Verwandten verloren, der aus dem Bus gesprungen ist, weil den Berg runter die Bremsen versagten. Der Bus kam trotzdem irgendwie davon, der Verwandte dagegen war auf der Stelle tot.

JU

Beitrag von JU »

Selbst nach Lakehurst hat man die LZ 130 (Graf Zeppelin 2) zu Flügen benutzt, bloß das man damit nur noch Aufklärungs- und Spionageflüge durchführte. 1939 wurde sie dann zerlegt.

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