Luftschiff mit Heißluft

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Wolfgang Seemann
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Luftschiff mit Heißluft

Beitrag von Wolfgang Seemann »

Anmerkungen zur Luftschifftechnik, von Wolfgang Seemann


Luftschiffe sind , schon allein von ihrer Größe, ein faszinierendes Thema.
Ich habe die Situation bei der Cargolifter AG beiläufig verfolgt und finde, dass hier sehr viele Fehler – und nicht nur von Seiten der Politik - gemacht wurden.

Ich möchte hier nur auf die technischen Probleme eingehen.

Es gibt sicher keine unüberwindlichen Hindernisse, ein Luftschiff zu bauen. Die heute verfügbaren Materialien und die Erfahrungen in der technischen Konstruktion sind um vieles besser als zur Zeit des Grafen Zeppelin, der es ja schließlich auch geschafft hat. Wie die Halle in Brand zeigt, ist auch die Infrastruktur nicht das Problem.


Die Probleme liegen im Betrieb. Das Handling eines Schiffes leichter als Luft ist sehr schwierig. Einen Körper mit einer solchen Angriffsfläche für den Wind sicher zu beherrschen, wenn er praktisch gewichtslos ist, macht jede Landung zum Kunststück. Zielgenaues manövrieren ist ebenfalls nicht einfach, weil jeder Windstoß das Schiff um viele Meter versetzen kann. Das ablassen von Helium zur Landung ist auch kein billiges Vergnügen.
Um die Betriebskosten in einem vernünftigen Rahmen zu halten, muss ein Luftschiff permanent im Einsatz sein. Das heißt, es muss entweder im Personen- oder Frachtverkehr regelmäßig eingesetzt werden. Dies können einerseits Flüge mit Urlaubern ( Kreuzfahrten), Linienflüge im Personentransport oder Luftfrachtverbindungen wie zum Beispiel für Paketdienste sein.
Ob dies mit einem Heliumluftschiff zu vernünftigen Kosten und mit der erforderlichen Pünktlichkeit machbar ist, müsste gerechnet werden.

Ein neuer Lösungsansatz könnte hilfreich sein:

Bei der Suche nach neuen Einsatzmöglichkeiten für ein glasfaserverstärktes Polyestermaterial, das fertig in Millimeter dicken Rollen geliefert wird und mittels UV-Licht aushärtet, probierte ich, ein Sandwichmaterial mit einem Kern aus extrudiertem Polystyrol herzustellen. Ich war von der Festigkeit dieses Composites sehr beeindruckt.
Meine erste Idee war, dieses Material für den Bau von Swimmingpools einzusetzen, welche damit in isolierter Bauweise sehr einfach hergestellt werden können.
Bei der Kalkulation des Gewichtes dieser Platten kamen mir dann weitere Ideen, unter anderem für den Bau eines Luftschiffs. Durch die Verwendung eines Isoliermaterials als Kern lag es nahe, ein Heißluftschiff zu konzipieren, das im Gegensatz zum Heliumschiff den Auftrieb durch die Verdünnung der Innenluft durch Erhitzen erzeugt.
Dabei ist Innendruck des Luftschiffs gleich Außendruck, die erhitzte Luft steigt im Schiff nach oben und drückt die Kaltluft durch Öffnungen in der Unterseite des Schiffs hinaus. Die Belastung der Hülle hält sich also in Grenzen. Wichtig ist in diesem Fall die Isolierung gegen die Außentemperatur sowie die Temperaturbeständigkeit. Beides ist mit diesem Material ohne Zusatzaufwand gegeben.
Als Antrieb sah ich einen von mir früher konzipierten 32 Zylinder Dieselmotor vor, der bei 32 l Hubraum etwa 2.000 PS mechanische Leistung abgibt. Dieser Motor zeichnet sich durch eine sehr leichte und kompakte Bauweise aus, da die Zylinder kreisförmig angeordnet sind ( 2 x 16 Zylinder Boxer). Ein Luftschiff mit 36 m Durchmesser und 260 m Länge ( Zylinderförmig mit kegelförmigen Enden) bräuchte 4 dieser Motoren, jeweils rechts und links vorne und hinten. ( Leergewicht ca 100 t, Zuladung 100 t)
Bei einer Anordnung der Motoren innerhalb des Schiffs würde die Abwärme ( zusammen etwa 15 – 17 Megawatt!) die Innenluft aufheizen, während die mechanische Leistung von etwa 8.000 PS zum Antrieb von in kurzen Tragflächen angebrachten Radialgebläsen verwendet werden kann. Wird der Luftstrom dieser Radialgebläse nach unten umgelenkt, ist ein senkrechter Start auch bei einem höheren Startgewicht als 0 kg möglich. Eine Ablenkung des Luftstroms gegen Fahrtrichtung kann zum bremsen benutzt werden.

Zum Transport der Nutzlast ist an der Unterseite des Luftschiffs ein Anbau vorgesehen, der 100 m lang und 10 m breit ist, bei einer lichten Höhe von 2.50 m. Dieser Raum kann entweder zum Passagiertransport oder zum Frachttransport genutzt werden. An der Unterseite dieses Transportbehälters sind Kufen vorgesehen, auf denen das Schiff aufsetzt. Diese Kufen können mit entsprechenden Halterungen versehen werden, um große Frachtstücke auch außerhalb des Schiffs transportieren zu können.
Die Landung eines solchen Schiffes geht einfach vonstatten. Es wird an der Oberseite des Schiffs über Ventile Heißluft abgelassen, damit wird das Schiff schwerer und sinkt, da von den Öffnungen an der Unterseite kalte, schwerere Luft nachströmt.
Durch die starken Motoren ist eine entsprechende Geschwindigkeit möglich und die Manövrierfähigkeit wird ebenfalls verbessert. Eine Zuladung von etwa 100 t ( max. 1.000 Passagiere) erlaubt einen wirtschaftlichen Einsatz, da der Verbrauch der Dieselmotoren bei Voll-Last nur etwa 1,5 t pro Stunde beträgt.
Die benötigte Infrastruktur kommt ohne Landebahnen aus, so dass Landeflächen einfach und ohne Probleme mit dem Umweltschutz errichtet werden können.


26.10.03

Wolfgang Seemann
Erfindungen erleichtern das Leben!

JU

Beitrag von JU »

Wolfgang Seemann hat geschrieben: Die Probleme liegen im Betrieb. Das Handling eines Schiffes leichter als Luft ist sehr schwierig. Einen Körper mit einer solchen Angriffsfläche für den Wind sicher zu beherrschen, wenn er praktisch gewichtslos ist, macht jede Landung zum Kunststück.
Ich war bei meinem Zeppelinflug mit dem NT in Berlin schwer beeindruckt, wie die Zeppeliner bei recht frischem und böigem Wind nur 2+2 Mann Bodencrew bei der Landung des Luftschiffes einsetzten. Der Pilot setzte den Vogel ganz easy auf dem Tempelhofer Feld ab - Flugzeuglandungen sind sicher schwieriger.
Erfahrung und Routine sind die Garanten für eine sichere Beherrschung der Technik.

k.moestl
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Beitrag von k.moestl »

Wolfgang Seemann hat geschrieben:Einen Körper mit einer solchen Angriffsfläche für den Wind sicher zu beherrschen, wenn er praktisch gewichtslos ist, macht jede Landung zum Kunststück. Zielgenaues manövrieren ist ebenfalls nicht einfach, weil jeder Windstoß das Schiff um viele Meter versetzen kann.
.
Das Luftschiff ist zwar scheinbar schwerelos, weil sich Gewicht und Auftrieb die Waage halten. Aber dadurch verändert sich seine Masse nicht. Meim Cargolifter CL160 sind das immerhin ca 475 t Gesamtmasse und diese träge Masse setzt Windböen einen gewaltigen Widerstand entgegen.
Wolfgang Seemann hat geschrieben:Das ablassen von Helium zur Landung ist auch kein billiges Vergnügen.

Das war beim CL160 auch nicht vorgesehen. Nähere Einzelheiten dazu können Sie z.B. in dem oben rechts auf dieser Forumsseite abgebildetem Buch "Leichter als Luft" finden.
Wolfgang Seemann hat geschrieben: Ein Luftschiff mit 36 m Durchmesser und 260 m Länge ( Zylinderförmig mit kegelförmigen Enden) bräuchte 4 dieser Motoren, jeweils rechts und links vorne und hinten. ( Leergewicht ca 100 t, Zuladung 100 t)
Das von Ihnen skizzierte Luftschiff hat ein Volumen von ca. 260.000 m³. Bei einem Gesamtgewicht von 200 t bedeutet das, dass ein Auftrieb von 0,77 kg/m³ (zum Vergleich Helium erzeugt in Luft einen Auftrieb von 1 kg/m³) erbracht werden muss. Um das mit heißer Luft zu Erreichen, müßten Sie die Luft im Inneren das Luftschiffes auf etwa 580 °C erhitzen. Das müßte schon ein ganz außergewöhnlicher Kunststoff sein, der dieser Temperatur standhält! Bei so hohen Temperaturen ist neben dem Wärmeverlust durch Wärmeleitung auch der Strahlungsverlust, der mit der 4ten Potenz der absoluten Twemperatur anwächst, zu bedenken, d.h. auch ein niedriger Emissionsgrad der verwendeten Materialien wäre von großer Bedeutung.

Gruß
Klaus Möstl
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H. Ohliger
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Beitrag von H. Ohliger »

Das müßte schon ein ganz außergewöhnlicher Kunststoff sein, der dieser Temperatur standhält!
Ja das müsste er wohl. Und gerade
Polyestermaterial
ist nicht sehr temperatur beständig. Die maximale Temperatur bei Dauerbeanspruchung liegt bei Polyestern bei ca. 130°C.

Außerdem würde ich, ohne jetzt irgendwelche konkreten Daten im Kopf zu haben, als Antrieb eher Gasturbinen in Betracht ziehen, da diese einige Vorteile gegenüber einem Dieselmotor haben.
1. Kleiner und leichter bei gleicher Leistung.
2. Leiser (ein meines Erachtens sehr großer Vorteil)

Und der Nachteil der hohen Abgastemperaturen und des damit verbundenen relativ schlechten Wirkungsgrades könnte bei so einem Konzept als Vorteil genutzt werden.

Wobei ich persönlich die Konstruktion eines Heißluftschiffs für problematisch halte, da es sehr schwierig sein dürfte, die Hülle ausreichend leicht, fest und gleichzeitig gut wärmeisolierend zu fertigen. Und das ganze noch zu überschaubaren Kosten und bei guter Haltbarkeit und Hitzeresistenz.
Da halte ich ein Heliumluftschiff wie den CL160 schon für eher realisierbar. Dessen Entwicklung und Produktion ist ja letztlich nicht an der Technik, sondern am Geld gescheitert.

MfG
Harald Ohliger

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