"If I had my time over again"

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AndyWe
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Re: Hallo AndyWe und Klaus!

Beitrag von AndyWe »

Beate Kalauch hat geschrieben: und Dir AndyWe fürs Übersetzen!
Ich hab´s nur Korrektur gelesen.

Grüße
AndyWe
Die Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Max Frisch

pestw
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Beitrag von pestw »

So - nachdem nun drei Leute daran herumgebastelt haben, wird die Übersetzung ja nun hoffentlich einigermaßen das wiedergeben, was ausgedrückt werden sollte. Viel Spaß nun auch den Anglophoben beim Lesen und Diskutieren.
Bild :zib Initiative Zukunft in Brand - Wir verleihen CargoLifter Auftrieb!

pestw
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Beitrag von pestw »

Wenn ich meine Zeit noch mal hätte...

Nach Monaten bricht der Vorstandsvorsitzende von CargoLifter sein Schweigen und wirft der Luftschiffgemeinde dieses Stück zum Verdauen vor.

Obgleich ich kein Pilot bin und nach dem Studium der Rechtswissenschaften im Finanzwesen und als Geschäftsführer einer Maschinenbaufirma tätig wurde, war die Luftfahrt immer ein Teil meines Lebens. Mein Vater war Chefpilot bei der Lufthansa und mein Großvater war ganz von Anfang an bei der Lufthansa dabei. In unserer Familie war die Welt in den letzten drei Generationen tatsächlich 'global' und ich freue mich sagen zu können, dass einer meiner Söhne seine betriebswirtschaftliche Diplomarbeit im Bereich Luftfahrt macht.
Jedoch bin ich kein Luftfahrt-Enthusiast im eigentlichen Sinne. Was mich weit mehr fasziniert als das Fliegen und die Technik ist das, was man damit machen kann – das Potential der Luftfahrt!


Das ist genau das, was mich in meiner Zeit als Gast- Forschungsprofessor an der Universität von North Carolina in Chapel Hill 1993/94 bewog, mich weit intensiver mit den Fragen der Verbesserung der globalen Logistik auseinander zu setzen. Die wirtschaftliche Globalisierung und die zunehmende Bedeutung Asiens als aufstrebender Kontinent ebneten den Weg für die Planung eines 'global transpark', welcher als Grundlage für die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts dazu dienen sollte, Frachtströme zu kombinieren und eine bessere Verbindung zwischen der Ostküste der USA und den Märkten in Südostasien auf dem Luftweg zu bieten.
Das Konzept an sich war in der Tat sehr interessant, aber natürlich war mir die Tendenz, sich auf hohe Geschwindigkeiten einschließlich Überschallflüge zu konzentrieren, sowie die einzige Richtung gen Asien über den Pazifik, zu dominierend. Ich bin schließlich Europäer. So machte ich allen Beteiligten deutlich, dass es nicht zwingend ist, von North Carolina nach Bangkok über den Pazifik zu fliegen. Über Europa zu fliegen ist auch nicht weiter, hat aber den Vorteil, dass an Stelle des Ozeans ein weiterer Weltmarkt auf der Strecke liegt, nämlich Europa.
Dieses Argument war die Grundlage für mein Konzept, mehrere Industrieparks auf der Welt unter Ausnutzung ausgedienter Militärflugplätze zu verbinden – das 'Global TransPark Network' mit einer Drehscheibe in Europa, zentral zwischen Amerikas Ostküste und Südostasien gelegen.

Die Lücke schließen

Der Hauptteil dieses logistischen Konzepts beinhaltete auch die Verbesserung der Transportmittel, denn abgesehen von der AN126 ist die Boeing 747 noch immer das Maß aller Dinge beim Lufttransport. Aus meiner Sicht war die Geschwindigkeit weniger wichtig, insbesondere für den Frachttransport, viel mehr jedoch die Frage des Transports größerer Volumina als mit den existierenden Flugzeugen. Wozu soll es gut sein, dass Fracht mit einer Geschwindigkeit von 960 km/h durch die Luft rast, nur um dann doch erst einige Tage später am endgültigen Bestimmungsort anzukommen. 'Just in Time' - Logistik bedeutet nicht notwendigerweise Überschall, sondern vielmehr die Ankunft der Fracht zur vorbestimmten Zeit. Ich hatte eine zeitgemäßere Bedeutung von Lufttransport im Kopf, eine, die die Lücke zwischen dem extrem langsamen aber billigen Schiffstransport und den extrem teuren und begrenzt verwendbaren Flugzeugen schließen sollte: ein Luftschiff, weniger aus technologischen als aus marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Als ich meine Idee zum ersten Mal am Kenan Institut der Universität von Carolina meinen Kollegen gegenüber erwähnte, war die Reaktion eher skeptisch – ja eigentlich eher: „Carl, vergiss es. Das funktioniert nicht!“

Der unmögliche Auftrag (Mission impossible)

Interessanterweise gab es dennoch zu dieser Zeit Informationen über die Pläne eines großen amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzerns bezüglich eines 'sehr großen Luftfahrzeuges' mit mehreren hundert Tonnen Frachtkapazität, die auf dem Prinzip der Luftschifftechnologie fußten. Weiterhin verbreiteten die Medien Berichte über eine Flugmaschine in Russland, die wie ein riesiger Diskus aussah, mit Helium gefüllt war und mit Unterstützung durch Heißluft in der Lage sein sollte, bis zu 500 t zu heben – das 'Thermoplane'.
Wenn es also schon konkrete Entwicklungen in dieser Richtung gab, warum dann an die Prophezeiung glauben, das es unmöglich wäre? Durch meine Arbeit als Geschäftsführer einer Maschinenbaufirma hatte ich noch gute Kontakte zum Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) und ich nutzte diese, um ein Treffen mit den Transportmanagern einiger Mitgliedsfirmen zu arrangieren.
Während des Sommers 1994 diskutierten wir sehr intensiv ihre Transportprobleme und kamen zu dem einmütigen Ergebnis: alles, was nicht in einen 40-Fuß-Standardcontainer passt, stellt ein logistisches Problem dar und je größer und schwerer ein Teil ist, desto größer ist das Problem. Diejenigen, die die Bilder oder den Film über den Transport einer Turbine von Mannheim nach Indien gesehen haben, können die Aussage eines Transportdirektors verstehen: „Wir haben die Grenze des Möglichen erreicht. Wenn wir nicht grundsätzlich neue Lösungen innerhalb der nächsten paar Jahre bekommen, müssen wir unsere Produktion hier dicht machen. Dr. von Gablenz, Sie suchen nach Innovationen? Wir brauchen einen Quantensprung!”

Am 1. September 1994 kamen wir erneut zusammen, aber diesmal mit dem Vorsitzenden des Verbandes, der mich fragte: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, möchten Sie die Teile mit Hilfe eines Luftkrans auf dem Fabrikgelände aufnehmen, direkt zur Baustelle bringen und dort wieder absetzen“, während er das Prinzip mit einer Geste seiner Hand veranschaulichte, die in den kommenden Jahren zum Allgemeingut wurde – rauf, rüber, runter – worauf ich antwortete: „Das ist es. Wir nennen es CargoLifter.”
Gewissermaßen war das die Geburtsstunde von CargoLifter. Mir war klar, dass die Marktnische für übergroße Schwertransporte bereits existierte, die wegen der immensen Transportprobleme und der damit verbundenen Kosten die Möglichkeit eröffnete, unter Beteiligung der Industrie eine neue Flugmaschine für den zivilen Markt zu entwickeln. Wenn dieses Fahrzeug große und schwere Güter transportieren könnte, so könnte es natürlich auch kleinere Güter, dafür jedoch in größerer Stückzahl transportieren. Ein paar Wochen später wurde der CargoLifter der Arbeitgruppe der Transportdirektoren von Gesellschaften wie ABB, Siemens, MAN, Linde etc. vorgestellt. Es wurde vereinbart, eine neue Projektgruppe zu gründen und ich wurde mit der Leitung des CargoLifter-Projektes beauftragt.

Während dieser Sitzung stellte sich heraus, dass der Transportdirektor der Siemens KWU schon seit einiger Zeit über ein großes Luftschiff als Lösung für die Probleme des Schwerlasttransportes nachgedacht hatte. Das war nicht überraschend, denn er war in Friedrichshafen aufgewachsen, wo er täglich Luftschiffluft atmete.
Zusammen mit seinem Schwerlastspezialisten hatte er auch an der LTA Heavy Lift Konferenz in Toulouse teilgenommen, wo er zahlreiche Kontakte zur LTA- Fachwelt aufbaute.
Dies war meine erste Berührung mit dieser speziellen Sorte Mensch und das erste Mal hörte ich den Spruch 'Wir müssen das gar nicht mehr entwickeln. Ich habe das Konzept bereits fertig. Wir müssen es nur noch in die Praxis umsetzen' – ein Spruch, der mir bis zum heutigen Tag im Ohr klingt. Das stellte sich als problematisch heraus, denn alle behaupteten das von ihrem Konzept und erklärten die Konzepte der anderen für nutzlos.
Damals fand ich diese Attitüde seltsam, manchmal vielleicht belustigend. Heute kenne ich sie als den wahren Grund des Übels. Warum erklären diese Experten nicht nur, dass ihre Lösung die einzige sei, die einer Betrachtung wert sei, sondern dass sie auch fast alle Anforderungen erfülle und die einzige sei, die fast fertig in ihrer Schublade liege? Auch wenn das in gewissem Maße Sinn hat, warum müssen sie ihre Widersacher attackieren, die in Wirklichkeit im selben Boot sitzen, mit demselben Ziel – letztendlich ein reales großes Luftschiff zu bauen und zu demonstrieren, was damit gemacht werden kann?
Ich beschloss, mich von all dem fern zu halten und dahin zurückzukehren, wovon wir ausgegangen waren – zum Bedarf, zum Markt. Denn was für Entscheidungen könnten wir bezüglich der Technologie machen, wenn wir nicht den genauen Bedarf der möglichen Kunden kennen? Das war es, weshalb wir erneut mit den Transportdirektoren weitere Fragen erörterten: Welche Teile müssen heutzutage transportiert werden? Gewicht, Länge, Breite, Höhe, wie viele, von wo nach wo, in welchem Zeitrahmen, zu welchen Kosten? Welche Genehmigungen sind nötig und welche Deckung durch Versicherungen erforderlich? Was sind die Produkte und Märkte der Zukunft?

Die Wichtigkeit von Zielen

Wir konzentrierten uns auf reale Probleme, schwerer als 100 t oder länger als 25 m oder höher als 5 m. Das Ergebnis waren die ersten Anforderungen: Die mittlere Geschwindigkeit um eine Einheit von A nach B zu bekommen war, man glaube es oder nicht, nur 8 km/h und das über eine Distanz von mehreren tausend Kilometern. Aber es waren auch immense Kosten damit verbunden und die traten manchmal schon vor dem Transport auf, um die notwendige Infrastruktur zu schaffen. Das zeigte uns, dass wir auf dem richtigen Weg waren, aber es präsentierte uns auch eine weitere Herausforderung – der Markt verlangt eine 100% Lösung und die Anforderungen eines Transportdirektors sind nahezu unbegrenzt. Da entdeckten wir, wie wichtig es war, Grenzen für das Projekt zu setzen.
Die Marktforschungsergebnisse enthüllten uns, dass wir einen Weg finden mussten, Güter bis 160 t mit den Maßen 50 m Länge, 8 m Breite und 8 m Höhe zu transportieren um einen beträchtlichen Bereich des Schwertransportmarktes und nahezu alle Anforderungen an großvolumige Güter zu befriedigen. Damit war der CL 160 als das Projektziel definiert.

Als die dauernden Diskussionen unter den eingeladenen LTA- Experten über Fragen wie starres oder halbstarres, kugel- oder walförmiges Luftschiff nicht die erwünschten Resultate brachten, stellten wir ein engagiertes Team zusammen, geleitet von einem jungen Mann aus Stuttgart, und arbeiteten das gesamte Thema mit klar definierten Kriterien durch, als wir auf ein anderes triviales Problem stießen: Die Industrie-Repräsentanten waren sehr begeistert von dem Projekt selbst, aber eine finanzielle Unterstützung warf interne Zuständigkeitsfragen auf.
Es kostete uns drei Monate, von jeder Gesellschaft eine Zusage über 5000 DM zu erhalten. Das ermöglichte es uns, die Untersuchungen zu finanzieren und würde uns auch erlauben, das CargoLifter- Projekt einer internationalen Expertenzuhörerschaft auf der International Lighter-Than-Air Conference 1996 in Friedrichshafen vorzustellen, in Englisch natürlich und in einer professionellen Form – wir lösten eine Initialzündung in der internationalen Leichter-als-Luft-Gemeinschaft aus.
Am selben Tag wurde ich überredet, nach Cardington zu fliegen und CargoLifter auf der Airship Association Konferenz zu präsentieren und in derselben Nacht hatten wir unser erstes Telefongespräch mit den Amerikanern.
Ihre erste Frage: „Warum wollen Sie so ein kleines bauen...?”

Gründung

Cardington war beeindruckend. Zum ersten Mal war ich in einer der alten Luftschiffhallen und ich bekam ein Gefühl für die Dimension. Das hat in mir etwas ausgelöst und ich bekam auch ein Gefühl für die 'Szene'. Als ich ankam, präsentierte irgendwer seine 'revolutionäre Luftschiff Haltevorrichtung', die russische Delegation nahm überhaupt nicht teil, deshalb war ich gleich nach der Vorstellung des neuen Zeppelin NT, Roger Munks AT04 und Ian Alexanders Ankündigung, dass er die alten Zeppeline neu bauen wolle an der Reihe. Die Resonanz war gemischt – Airship brachte gerade mal einen Satz „Dr. Carl von Gablenz ist überzeugt, dass ein Luftschiff zum Transport schwerer Fracht eingesetzt werden kann.“, mit anderen Worten, niemand glaubte es wirklich. Roger Munk zeigte uns jedoch am nächsten Tag die ersten Teile des AT04 und brachte zum Ausdruck, dass es in Kürze gebaut werden könnte.
Und dann traf ich Edwin Mowforth, der mir sein Buch gab, dass ich über Nacht verschlang. Er hatte ebenfalls Schwergut-Luftschiffe intensiv untersucht und fand eine Lösung, die der unsrigen sehr nahe kam. Ich zahlte für ihn und Lelia die Reise nach Wiesbaden und zusammen mit einem Team aus deutschen und amerikanischen Ingenieuren und betriebswirtschaftlichen Experten bereiteten wir die Gründung der CargoLifter AG vor. Sehr zu Edwins Bestürzung verwendeten wir zwei Stunden auf das Logo-Design – das Einzige, das sich bis zum heutigen Tag nicht geändert hat. Am 1. September, dem zweiten Jahrestag des CargoLifter- Konzeptes, gründeten 93 Aktionäre - unter Ihnen Firmen wie ABB, Air Foyle, Schenker, Fagioli - und andere Ingenieure CargoLifter - die Gesellschaft.

Ich mache hier einen großen Sprung, da alle nachfolgenden Ereignisse in früheren Ausgaben von Airship dokumentiert sind.
Das aus der Gründung der Gesellschaft aufgebrachte Geld ermöglichte es uns, die Vorbereitungen zu intensivieren und wir nutzten dann die Ergebnisse, die Aktionäre von einer Kapitalerhöhung zu überzeugen. Von 1996 bis 2000 stieg die Anzahl der Aktionäre von 93 auf 70.000, die rund 300 Mio. Euro investierten. Der erste Beschäftigte begann am 1. September 1997, im Jahr 2000 waren wir ein Team von fast 500 Mitarbeitern.
Wir bauten Joey und erhielten unsere Anerkennung als Entwicklungsgesellschaft vom LBA (Luftfahrtbundesamt). Wir führten Flugtests mit Joey aus, um die Software für die Flugeigenschaften zu validieren. Wir entwickelten zusammen mit dem LBA die erste international anerkannte Lufttüchtigkeitsanforderung für Großluftschiffe. Wir bauten eine große Halle, betrieben ein Luftschiff, arbeiteten uns durch alle Zertifizierungsprozeduren und Zulassungsberichte sowie auch die Wartung, erhielten die Betriebserlaubnis für einen Flugplatz und bauten einen Transportballon von 61 m Durchmesser, gefüllt mit über 100.000m³ Helium und demonstrierten das dauernd bezweifelte Lastenaustauschverfahren mit einem Minenräumpanzer, der 55 t wog und wir unterzeichneten eine Absichtserklärung (Letter Of Intent) mit Boeing – und dennoch mussten wir Insolvenz anmelden!

Warum?

Natürlich ist Missmanagement immer die erste und einfachste Antwort. Jedermann wusste es besser, schon die ganze Zeit, jedermann hätte nur Handlungsfreiheit gebraucht – „Carl, Sie hätten mir die Befehlsgewalt geben sollen!" Das ist alles!
Und natürlich hätten wir eine Menge Dinge besser machen können. Aber wenn man Wege beschreitet, die nie jemand zuvor gegangen ist, findet man nicht immer auf Anhieb den richtigen Weg.
Es wurde gesagt, wir hätten besser mit großen Firmen zusammen arbeiten sollen. Aber hat nicht Airbus in einer Pressekonferenz im Jahr 2000 bezüglich des Baues des A380 angedeutet, dass der Transport großer Bauteile nach Toulouse mit dem CargoLifter eine Option sei? Und was für einen Wert stellt ein Letter Of Intent mit Boeing dar, dem größten Luftfahrtunternehmen der Welt, wenn unsere eigene Regierung offiziell verlaut-bart, dass sie weiterhin die 'technische Machbarkeit' anzweifelt und deshalb die finanzielle Unterstützung versagt, die Airbus zu Beginn erhielt, intern aber argumentiert, dass eine Unterstützung der LTA- Technologie den Fördertopf für andere leeren würde?

Der Ausnahmezustand

Was soll man mit einem Wirtschaftsministerium machen, das alle seine Ressourcen in eine öffentlich unterstützte Computerchipfabrik steckt und nichts übrig lässt für CargoLifter?
Interessanterweise musste der verantwortliche Minister im November 2002 gehen, nachdem Fragen wegen einer finanziellen Ungereimtheit im Bereich von 1.000.000 US$ aufgetaucht waren, die von seinen Geschäftspartnern in Mittelost herrührten und deren Existenz er nicht leugnete. Auf diese Weise hatte das Ministerium genug Zeit, den Rücktritt des CargoLifter- Vorstandes im Juni 2002 zu fordern und durch die Insolvenz das Sagen ganz elegant zu übernehmen. Ein bemerkenswertes Beispiel behördlicher Aneignung durch Insolvenz – Nichtstun erfüllte die Aufgabe, CargoLifter aus dem Lot zu bringen – wir waren zum Ausbluten gezwungen. Mag sein, dass ich ein 'besseres Verhältnis' zum Minister hätte pflegen sollen, um diese hochgradige Ungnade zu vermeiden, aber wenigstens genieße ich es weiterhin, ein respektables menschliches Wesen zu sein und bin gewiss stolz darauf, mich nicht des persönlichen Vorteils wegen mit der Welt der Korruption eingelassen zu haben.
Außerdem erwähnt niemand, dass sich kurz nach dem Börsengang im Mai 2000 die gesamte wirtschaftliche Situation änderte und Gesellschaften wie Fairchild Dornier mit einem Bündnis von Aktionären, zahlreichen Aufträgen von Lufthansa und einem brandneuen, flugfertigen Flugzeug Insolvenz anmelden mussten. Ebenso wenig wird erwähnt, dass die ganze Welt, insbesondere Amerika aber auch Großbritannien, seit dem 11. September 2001 in einer Art Ausnahmezustand ist und dabei fast ausschließlich über Heimatverteidi-gung und militärische Anwendungen nachdenkt anstatt über ein ziviles Luftschiff.
CargoLifter startete in einem Umfeld, das Innovationen begrüßte und in dem wir große Fortschritte machten. Es war jedoch ein schmales Zeitfenster und wir kamen nicht schnell genug voran um in der aufkommenden Krisenzeit zu überleben. Wir hätten viel schneller sein müssen, um durch das Fenster zu kommen, bevor es sich schloss aber dadurch hätten wir unsere Zeitlimits und Budgets zu sehr überzogen.

Wer hätte das geahnt?

Also, warum waren wir nicht besser? Hatten wir nicht nahezu alle Experten an Bord oder wenigstens zeitweise mit nahezu allen Beteiligten kooperiert? Hätten wir besser mit anderen LTA- Firmen zusammenarbeiten können?
Nun, wir taten das sehr erfolgreich mit T-Com. Unsere Beziehung zu Zeppelin war eine mit vielem Auf und Ab und mit ATG hatten wir sogar einmal ein Memorandum Of Understanding. Aber für Einige bedeutet Kooperation offensichtlich, dass man tun kann was man will, ohne einen Gedanken auf die Partner zu verschwenden.
Sieht sich also nicht die ganze Industrie einem mittleren Desaster gegenüber? Ich begann meine Abrechnung ganz bewusst mit einem in die Tiefe gehenden Bericht über die ersten Anfänge von CargoLifter und endete mit der Konferenz in Bedford im Juni 1996. Man stelle sich vor, wie diese Konferenz heute aussehen würde. Der Herr, der seine Luftschiffverankerungsvorrichtung vorstellte, war nicht sehr erfolgreich mit seiner Unternehmung. Jedoch schloss er sich CargoLifter als Experte an und verdiente ein beträchtliches Einkommen über die Jahre, wobei er noch genügend Zeit für seine eigenen Projekte hatte. Und dann fühlte er sich berufen, in einer deutschen TV-Produktion an die Öffentlichkeit zu gehen und zu sagen, dass CargoLifter nichts anderes als ein Kindergarten aus Inge-nieuren war und niemand jemals irgendeinen Plan zum Bau des Luftschiffes gehabt habe. Ungeachtet dessen, ob er es in dieser Form hat sagen wollen oder nicht, das Ergebnis war katastrophal, außer für die Medien, da sie vollständig in der Lage sind, einen Experten gegen den anderen auszuspielen.
Zeppelin führten ihren NT ein, heute gibt es drei Luftschiffe, die Bauartzulassung ist erfolgt und sie sind im Geschäft. Leider übersteigen die Betriebskosten die Einnahmen von 12 Passagieren und deshalb ist das NT07 nicht profitabel. Ursprünglich war das NT07 nur als Prototyp für das NT30 gedacht, aber das wurde nie gebaut.
Ian Alexanders Starrluftschiff-Konstruktion ist genauso Geschichte wie CargoLifter, mit dem Unterschied, dass bei ihm keine Halle vorhanden ist. Die Amerikaner stellten ihre Pläne für ein Lastenluftschiff vor langer Zeit ein und warfen sich auf Höhenplattformen und die Luftschiffexperten folgen weltweit dem potentiellen Einkommensstrom.
ATG? Kein Kommentar. Man erinnere sich, dass im Juni 1996 schon die ersten Bauteile des AT04 gezeigt wurden, die dann zum Skycat20 wurden – zu Hause permanent 'erfolgreich', wollen sie nun England den Rücken kehren und nach Deutschland gehen, wo angeblich Fördermittel für den Luftschiffbau im Überfluss vorhanden sind...?
Ich bin noch immer erstaunt, wie viele der Delegierten in Bedford 1996 später von CargoLifter Geld erhielten, sei es als Beschäftigte, Manager, Freiberufler, Berater oder als unabhängige Firma. Aber wir haben alle viel zu viel Zeit damit zugebracht, unsere eigene Meinung in Diskussionen durchzusetzen, anstatt zu versuchen, einen Konsens zu finden. Wir gingen durch die Stadien der 'jungen Studenten aus Stuttgart', der 'Experten aus Eng-land', der 'pragmatischen Amerikaner' und der erfahrenen Ingenieure aus der wahren deutschen Luftfahrt (die aus dem Osten und die aus dem Westen gleichermaßen). Aber mit aller Begeisterung und letztlich demselben Ziel haben wir es vermasselt.
Wir wurden zurück geworfen zum Planquadrat eins, gerade dorthin, wo wir 1996 in Bedford waren, nur älter aber nicht klüger. Anstatt die Gelegenheit zu ergreifen – offen für alle – auf den Ruinen von CargoLifter ein gemeinsames Fundament zu bauen, versuchten viele die Gelegenheit zu ergreifen, ein Schnäppchen zu machen. Aber sogar dabei versagten sie, am Ende hat es niemand bekommen. Nun wird es eine tropische Insel mit Palmen, die nach dem Himmel greifen anstatt der Luftschiffe, während die Karawane weiterzieht zur nächsten Oase – der Höhenplattform, denn da sind 40 Mio. US$ zu holen. Und während einige nach Amerika spähen, diskutieren die anderen schon wieder die Konzepte starr oder halbstarr, aber auf jeden Fall, gemäß dem modischen Trend, heben sie vom Boden ab in Richtung eines Hybriden mit beträchtlichem dynamischen Auftrieb – hoffen wir dass sie vom Boden abheben!

Und letztendlich mag ich diese Leute trotzdem, denn sie sind beseelt von einer Technologie, die eine überwältigende Faszination hat – gleiten durch die Luft! Niemals zuvor hat eine Technologie das Potential der LTA- Technologie gehabt, insbesondere jetzt, wo endlich jeder bemerkt hat, dass wir sorgfältiger mit unserer Umwelt umgehen sollten. LTA ist eine sanfte Technologie, von der viele Menschen weltweit profitieren können, denn sie kann von oben herab schweben.
Es ist wirklich schade, dass wir es nicht gebaut haben, aber wir haben bewiesen, was man machen kann. Wir haben das weltweite 'Hindenburg-Syndrom' getilgt – statt dessen haben wir jetzt das 'CargoLifter-Syndrom'! Aber, um nicht missverstanden zu werden, der Heliumvirus ist weiterhin aktiv und nach fast zwei Jahren Insolvenz gibt es ein wachsendes Gefühl hinter den Kulissen 'So eine Schande, es war eigentlich großartig, wir haben eine Menge gelernt und viel Erfahrungen gesammelt' und wir können aus Fehlern lernen.

Aber bitte nicht wieder jeder gegen jeden und nicht in der Öffentlichkeit. Und bitte immer von den Anforderungen her gesehen. Ich bin noch genau so leidenschaftlich wie eh und je. Ich kämpfe noch für die Rechte der Aktionäre in meiner Funktion als Aufsichtsrat und in Zusammenarbeit mit der 'Initiative Zukunft in Brand'. Aber ich bin auch ein Gründungsaktionär der LTA Technologie AG, die im September 2003 in Wiesbaden ins Leben gerufen wurde und die von dem bestens bekannten Dr. Ingolf Schäfer geleitet wird.
Und Leute aus der Industrie nehmen weiterhin Kontakt zu mir auf und ich habe noch eine enge Beziehung zu meinen Weggefährten. Und ich studiere und erforsche weiterhin den Markt und wer den Beginn dieses Artikels aufmerksam gelesen hat, kann sich vorstellen, wo dieser Markt ist. Aber bei aller Liebe der Welt – eine Sache, der ich mich nicht wieder aussetzen werde: ein Team von Experten aus der LTA-Bruderschaft zu leiten. Vielleicht sollten wir alle ein bisschen weniger Helium inhalieren. Wie wär‘s mit einer Prise Wasserstoff?

Gerade, da ich dies schreibe, zeigt eine Deutsche TV-Station einen Bericht über die Lösung von Schwertransporten und sehr zu meiner Überraschung gibt es die alten Animationen von CargoLifter und mein Interview von 1998. Keine Erwäh-nung der Insolvenz. Stattdessen schließt das Programm mit der Feststellung eines Professors aus Amerika 'alles über Luftschiffe ist sorgfältig untersucht worden mit dem Ergebnis, dass man eine völlig neue Größenklasse erkunden muss'...
Zuletzt geändert von pestw am Mi, 05.05.2004 8:13, insgesamt 3-mal geändert.

fambly
Joey
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Beitrag von fambly »

Respekt und vielen Dank für die Mühen!
Ein toller Text.
Hat den schon jemand Mönning :-sup und dem kompletten Kleptokraturverteiler in Berlin gemailt ? :twisted: :zib

AndyWe
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Beitrag von AndyWe »

.. und wer möchte, kann es sich auch ausdrucken:

http://www.awit.biz/resc/airship_mag.pdf
(PDF, ca. 163k)

Grüße
AndyWe
Die Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Max Frisch

rudipap
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Beitrag von rudipap »

Na super, da habe ich mir ja eine Menge Arbeit gespart.
Danke an die Aktivisten
Gruß
Rudi

LifterBastian
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Beitrag von LifterBastian »

Dr. von Gablenz hat geschrieben:Wir haben das weltweite 'Hindenburg-Syndrom' getilgt – statt dessen haben wir jetzt das 'CargoLifter-Syndrom'!


Wer hätte das vor Jahren gedacht?

Dr. von Gablenz hat geschrieben:Gerade, da ich dies schreibe, zeigt eine Deutsche TV-Station einen Bericht über die Lösung von Schwertransporten und sehr zu meiner Überraschung gibt es die alten Animationen von CargoLifter und mein Interview von 1998. Keine Erwäh-nung der Insolvenz. Stattdessen schließt das Programm mit der Feststellung eines Professors aus Amerika 'alles über Luftschiffe ist sorgfältig untersucht worden mit dem Ergebnis, dass man eine völlig neue Größenklasse erkunden muss'...[/size]


Ich glaube diesen Bericht habe ich auch gesehen. Er kam auf RTL II. Gerade das kein Ton über die Insolvenz kam hat mich auch sehr Verwundert.
Zuletzt geändert von LifterBastian am Do, 29.04.2004 17:08, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
Sebastian

JU

Beitrag von JU »

Dank an die Übersetzer!

hilgenberg
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Beitrag von hilgenberg »

Hallo
und auch von mir vielen Dank an die Übersetzer :lol:

Aber ich möchte doch nochmal auf meine Frage nach den Reaktionen zurückkommen. Insbesondere stelle ich mir die Frage warum seit einiger Zeit nichts mehr von BurkS zu hören bzw. zu lesen ist? Ich könnte mir zumindest vorstellen, dass ein Dossier, wie er das nennt, zum Thema " Verhalten einzelner Mitglieder der LTA Community und welche Interessen da möglicherweise von welcher Seite verfolgt wurden" sehr interessant und aufschlußreich sein könnte. Zumindest hat er bei einer angekündigten Zahl von mindestens zehn Dossiers nach meiner Rechnung noch ein paar Themen offen.

Ich bin natürlich auch an der Meinung anderer interessiert!
Ansonsten erstmal ein schönes Wochenende 8) :lol:

Peter
Das größte Vergnügen im Leben besteht darin, Dinge zu tun, die man nach
Meinung anderer Leute nicht fertigbringt. (Aymé, Marcel)

Dr. Matthias Müller
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Beitrag von Dr. Matthias Müller »

Danke, rudipap, für den Tip, die 7 GIF-Seiten des eingescannten englischen Originaltextes von Dr. von Gablenz einfach nacheinander mit der Zwischenablage in ein WORD-Dokument zu übertragen (CTRL-A, CTRL-C, CTRL-V), um vollseitige Ansichten und ein zusammenhängendes Dokument zu bekommen. Alle anderen Methoden waren für mich umständlicher oder führten nicht zum Erfolg. Die Einstellungen Größe 40%, Helligkeit 40% sind gut, Kontrast 50% aber nur, wenn man wegen eines Tintendruckers einen Kompromiß wegen des Hintergrund-Papiergraus machen will. Die Fotos sehen dann dafür blöd aus. Bei einem Laserdrucker läßt man es lieber auf den automatischen 50% Kontrast, dann sieht alles gut aus.

Nun konnte ich das am Bildschirm schöne WORD-Dokument aber zunächst nicht ausdrucken! Es kamen immer nur weiße Seiten heraus.

Bei genauerer Betrachtung verschwanden beim Anklicken des Druckbefehls alle GIF-Bilder. Wieso?

Als ziemlich erfahrener WORD-Anwender, der viel mit Feldfunktionen arbeitet, habe ich unter Extras-Optionen-Drucken immer die beiden Kreuze "Felder aktualisieren" und "Verknüpfungen aktualisieren" angekreuzt. Ich kannte bis jetzt nur die regelmäßigen Nachteile, wenn sie nicht gesetzt sind, und keinen Nachteil, wenn sie gesetzt sind.

In diesem Fall war es erstmals anders: Bei dem beschriebenen Einbinden der GIFs entsteht als Feldfunktion jeweils ein Link, das die Internet-Quelle enthält. Wird nun beim Druckbefehl eine automatische Aktualisierung angestoßen, will WORD die GIFs neu aus dem Netz holen, und ist man während des Ausdruckens aber nicht online, wird nichts Aktuelles gefunden, aber das Bisherige gelöscht, und dann ist das WORD-Dokument danach quasi leer! Dann war das ganze Herunterladen und Einbinden umsonst, wenn man dann auch noch gespeichert hat.

Also muß man die genannten Optionen wegklicken, und zwar beide zusammen! Sie wirken WORD-global, also nicht dokument-individuell und werden nicht mit dem Dokument gespeichert.

Vielleicht gibt dieser Hinweis dem Einen oder Anderen, der dasselbe erlebt hat, eine Erklärung und sorgt für einen problemlosen Zugriff bei zukünftigen ähnlichen Dokumentenquellen.

Dr. Matthias Müller, Remlingen

Burks
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Beitrag von Burks »

hilgenberg hat geschrieben:warum seit einiger Zeit nichts mehr von BurkS zu hören bzw. zu lesen ist?
Ich habe nur gerade andere Sachen zu tun bzw. zu schreiben...
Burks
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hilgenberg
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Beitrag von hilgenberg »

Burks hat geschrieben:
hilgenberg hat geschrieben:warum seit einiger Zeit nichts mehr von BurkS zu hören bzw. zu lesen ist?
Ich habe nur gerade andere Sachen zu tun bzw. zu schreiben...
Burks
Hallo Burks,

Ich will ja nicht quengeln, aber es würde mich schon interessieren, ob Sie noch an unserem Thema hier dran sind. Insbesondere nachdem es in der jüngeren Vergangenheit einige interessante Entwicklungen gegeben hat.

gruß hilgenberg
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pestw
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Beitrag von pestw »

Ich bitte zu bedenken, dass auch Journalisten in erster Linie Geld verdienen müssen... Seien wir froh, wenn sich Burks ab und zu für das Thema CargoLifter Zeit nehmen kann.

hilgenberg
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Beitrag von hilgenberg »

pestw hat geschrieben:Ich bitte zu bedenken, dass auch Journalisten in erster Linie Geld verdienen müssen... Seien wir froh, wenn sich Burks ab und zu für das Thema CargoLifter Zeit nehmen kann.
Ich fürchte meine Formulierung war missverständlich. Ich bin absolut Deiner Meinung. Das sollte kein Angriff oder so etwas sein, lediglich die Bekundung wachsender Neugier.
Das größte Vergnügen im Leben besteht darin, Dinge zu tun, die man nach
Meinung anderer Leute nicht fertigbringt. (Aymé, Marcel)

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