Das "Walrus" Projekt
Verfasst: So, 20.06.2004 13:02
ftd.de, Di, 25.5.2004, 14:57
Pentagon träumt von Renaissance der Luftschiffe
Von Gerhard Hegmann, München
Das US-Verteidigungsministerium plant den Bau eines riesigen Fluggerätes, das mindestens 500 Tonnen Fracht über rund 11.000 Kilometer transportieren kann. Das so genannte Walrus-Projekt sieht die technische Kombination eines Luftschiffs mit einem Flugzeug vor.
Nach dem Zeitplan der Pentagon-Forschungsagentur Darpa sollen Ende 2007 die ersten Testflüge zunächst mit kleineren Modellen starten. Damit nicht genug: Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin entwickelt bereits ein sehr hoch fliegendes unbemanntes Überwachungsluftschiff. Beide Projekte verleiten die amerikanische Luftschiffbranche derzeit dazu, den Durchbruch für eine neue Ära im Luftschiffbau zu verkünden - wieder einmal. In den vergangenen Jahren gab es weltweit häufig spektakuläre Visionen, die aber meist an Geldmangel scheiterten. Auch in Deutschland gibt es, selbst nach der Insolvenz von Cargolifter, neue Ideen für die Leichter-als-Luft-Technologie.
Die US-Forschungsagentur Darpa verfolgt mit dem Walrus-Projekt das Ziel, eine komplett ausgerüstete militärische Einheit samt Soldaten und Gerät binnen drei bis fünf Tagen von der Kaserne bis zu interkontinental gelegenen Zielgebieten zu transportieren. 2001 hatte das Pentagon erste Ideen für einen Luftfrachter veröffentlicht, aber die Industrie nicht explizit zur Mitarbeit aufgefordert. "Walrus wird das größte Luftschiff sein, das jemals entwickelt wird", heißt es jetzt bei der Darpa. Die Forschungsagentur plant ein Hybrid-Fluggerät, das den Auftrieb eines Flugzeugs mit dem Gas-Auftrieb eines Luftschiffs kombiniert.
Ihr Interesse an dem Walrus-Programm hat praktisch die gesamte US-Luftschiffbranche angemeldet. Als Systemintegrator will Lockheed Martin auftreten. Zu den Bewerberfirmen gehört auch die britische Advanced Technologies Group (ATG), die seit Jahren mit dem SkyKitten-Projekt den Bau eines Hybrid-Luftschiffs für bis zu 1000 Tonnen Nutzlast vorschlägt. Wie vielen Luftschifffirmen mangelt es aber auch ATG am Geld, um die Visionen umzusetzen.
Renaissance der Luftschiffe denkbar
Das Fachmagazin "Aerospace America" sieht in seiner Mai-Ausgabe jetzt den möglichen Durchbruch für die zuvor auch in den USA weitgehend eingemottete Produktion großer Luftschiffe. Im Juni wird über die Produktion eines unbemannten Überwachungsluftschiffs entschieden, das in 20 Kilometer Höhe schweben soll. Für die Konzeptphase für das High-Altitude-Airship hat Lockheed Martin bereits einen 40-Mio.-$-Auftrag bekommen. Der Prototyp soll 2006 fliegen.
Die Bemühungen der USA nutzt der Ex-Vorstandschef der Cargolifter AG, Carl von Gablenz, als Argumentationsgrundlage für seine neueste Vision: Auf der Luftfahrtmesse ILA in Berlin plädierte er jüngst für den Bau eines Universalluftschiffs für bis zu 500 Passagiere oder Fracht in der Größe des 1937 verunglückten Zeppelins Hindenburg. Finanziert werden soll das Projekt über eine Deutsche Luftschiff AG mit Industriebeteiligung. Die "HGZ 129 M" erscheint in einigen Punkten allerdings noch riskanter als der aus Geldmangel gescheiterte Cargolifter: So soll Wasserstoff als Treibgas verwendet werden, obwohl alle modernen Luftschiffe das nicht explosionsfähige aber teurere Helium verwenden. Über den Kosten- oder den Zeitrahmen wollte von Gablenz keine genauen Angaben machen. Die Cargolifter-Gesamtkosten bis zur Serienreife lagen zuletzt bei etwa 760 Mio. Euro, die Beratungsgesellschaft Roland Berger schätzte sogar bis zu 880 Mio. Euro.
Geplatzte Träume
Cargolifter Der Bau des fliegenden Krans in Deutschland scheiterte im Juni 2002 an Geldmangel. 70.000 Kleinaktionäre hatten mehr als 300 Mio. Euro investiert.
US-Militärs Die USA setzen Luftschiffe für Überwachungsaufgaben ein. 1935 stürzte der fliegende Flugzeugträger "USS Macon" ab - das Ende des US-Großluftschiffbaus.
HGZ 129 M Eine neue Idee sieht den Bau eines Zeppelins als Universalluftschiff für 500 Passagiere oder bis zu 80 Tonnen Fracht vor
© 2004 Financial Times Deutschland
URL des Artikels: http://www.ftd.de/ub/in/1085376273910.html
Pentagon träumt von Renaissance der Luftschiffe
Von Gerhard Hegmann, München
Das US-Verteidigungsministerium plant den Bau eines riesigen Fluggerätes, das mindestens 500 Tonnen Fracht über rund 11.000 Kilometer transportieren kann. Das so genannte Walrus-Projekt sieht die technische Kombination eines Luftschiffs mit einem Flugzeug vor.
Nach dem Zeitplan der Pentagon-Forschungsagentur Darpa sollen Ende 2007 die ersten Testflüge zunächst mit kleineren Modellen starten. Damit nicht genug: Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin entwickelt bereits ein sehr hoch fliegendes unbemanntes Überwachungsluftschiff. Beide Projekte verleiten die amerikanische Luftschiffbranche derzeit dazu, den Durchbruch für eine neue Ära im Luftschiffbau zu verkünden - wieder einmal. In den vergangenen Jahren gab es weltweit häufig spektakuläre Visionen, die aber meist an Geldmangel scheiterten. Auch in Deutschland gibt es, selbst nach der Insolvenz von Cargolifter, neue Ideen für die Leichter-als-Luft-Technologie.
Die US-Forschungsagentur Darpa verfolgt mit dem Walrus-Projekt das Ziel, eine komplett ausgerüstete militärische Einheit samt Soldaten und Gerät binnen drei bis fünf Tagen von der Kaserne bis zu interkontinental gelegenen Zielgebieten zu transportieren. 2001 hatte das Pentagon erste Ideen für einen Luftfrachter veröffentlicht, aber die Industrie nicht explizit zur Mitarbeit aufgefordert. "Walrus wird das größte Luftschiff sein, das jemals entwickelt wird", heißt es jetzt bei der Darpa. Die Forschungsagentur plant ein Hybrid-Fluggerät, das den Auftrieb eines Flugzeugs mit dem Gas-Auftrieb eines Luftschiffs kombiniert.
Ihr Interesse an dem Walrus-Programm hat praktisch die gesamte US-Luftschiffbranche angemeldet. Als Systemintegrator will Lockheed Martin auftreten. Zu den Bewerberfirmen gehört auch die britische Advanced Technologies Group (ATG), die seit Jahren mit dem SkyKitten-Projekt den Bau eines Hybrid-Luftschiffs für bis zu 1000 Tonnen Nutzlast vorschlägt. Wie vielen Luftschifffirmen mangelt es aber auch ATG am Geld, um die Visionen umzusetzen.
Renaissance der Luftschiffe denkbar
Das Fachmagazin "Aerospace America" sieht in seiner Mai-Ausgabe jetzt den möglichen Durchbruch für die zuvor auch in den USA weitgehend eingemottete Produktion großer Luftschiffe. Im Juni wird über die Produktion eines unbemannten Überwachungsluftschiffs entschieden, das in 20 Kilometer Höhe schweben soll. Für die Konzeptphase für das High-Altitude-Airship hat Lockheed Martin bereits einen 40-Mio.-$-Auftrag bekommen. Der Prototyp soll 2006 fliegen.
Die Bemühungen der USA nutzt der Ex-Vorstandschef der Cargolifter AG, Carl von Gablenz, als Argumentationsgrundlage für seine neueste Vision: Auf der Luftfahrtmesse ILA in Berlin plädierte er jüngst für den Bau eines Universalluftschiffs für bis zu 500 Passagiere oder Fracht in der Größe des 1937 verunglückten Zeppelins Hindenburg. Finanziert werden soll das Projekt über eine Deutsche Luftschiff AG mit Industriebeteiligung. Die "HGZ 129 M" erscheint in einigen Punkten allerdings noch riskanter als der aus Geldmangel gescheiterte Cargolifter: So soll Wasserstoff als Treibgas verwendet werden, obwohl alle modernen Luftschiffe das nicht explosionsfähige aber teurere Helium verwenden. Über den Kosten- oder den Zeitrahmen wollte von Gablenz keine genauen Angaben machen. Die Cargolifter-Gesamtkosten bis zur Serienreife lagen zuletzt bei etwa 760 Mio. Euro, die Beratungsgesellschaft Roland Berger schätzte sogar bis zu 880 Mio. Euro.
Geplatzte Träume
Cargolifter Der Bau des fliegenden Krans in Deutschland scheiterte im Juni 2002 an Geldmangel. 70.000 Kleinaktionäre hatten mehr als 300 Mio. Euro investiert.
US-Militärs Die USA setzen Luftschiffe für Überwachungsaufgaben ein. 1935 stürzte der fliegende Flugzeugträger "USS Macon" ab - das Ende des US-Großluftschiffbaus.
HGZ 129 M Eine neue Idee sieht den Bau eines Zeppelins als Universalluftschiff für 500 Passagiere oder bis zu 80 Tonnen Fracht vor
© 2004 Financial Times Deutschland
URL des Artikels: http://www.ftd.de/ub/in/1085376273910.html