Höhenplattformen
Verfasst: Di, 04.01.2005 0:24
Irgendwo stehen zwar schon Artikel zum Thema Höhenplattform, aber da uns das Thema bestimmt auch noch lange beschäftigen wird und wegen der Übersichtlichkeit mach ich mal einen neuen Thread dazu auf.
Ungestörter Handyempfang
Von Ralf Krauter
Es gibt Orte, wo Erreichbarkeit immer noch Glücksache ist. Zum Beispiel im ICE: Kaum hat das Handy ein Mobilfunknetz gefunden, reißt die Verbindung schon wieder ab.
Der Grund: Kein Empfang der Zug durch Niemandsland rollt. Das wichtige Telefonat muss warten, die E-Mails können erst am nächsten Bahnhof abgerufen werden.
Für Geschäftsreisende ist der Zwangsaufenthalt im Funkloch ein Ärgernis. Wer nicht ständig erreichbar ist, riskiert, dass Geschäfte ohne ihn gemacht werden. Verlässlicher Zugang zu Daten und Informationen ist ein Standortvorteil, weshalb die EU mit dem Projekt Capanina die Zukunft der mobilen Vernetzung sichern will. "Breitband überall", so das Motto. Die Vision: In spätestens 10 bis 15 Jahren soll sich ein reisender Firmenvertreter auch noch im entlegensten Winkel Europas per Videokonferenz mit der Konzernzentrale abstimmen können. Und das Herunterladen des neuesten Videos soll auch im ICE nur ein paar Sekunden dauern. Damit aus der Vision Wirklichkeit wird, sind enorm hohe Datenübertragungsraten erforderlich: 120 Megabit pro Sekunde wollen die Capanina-Forscher liefern - 40-mal mehr, als eine DSL-Leitung heute schafft. Ein ambitioniertes Vorhaben, für das die Ingenieure auf eine völlig neuartige Technologie setzen: Sie wollen Mobilfunk-Sendemasten das Fliegen beibringen.
Netzwerk aus Höhenplattformen
Ein Netzwerk aus Höhenplattformen, die 20 Kilometer über der Erde in der Stratosphäre schweben, soll das Rückgrat der zukünftigen Breitband-Infrastruktur bilden. Mikrowellensender an Bord der unbemannten Relaisstationen schicken die Daten mittels Richtfunk zum Nutzer. Laserstrahlen vernetzen die fliegenden Sendemasten untereinander und erlauben die Übertragung enormer Datenraten. 13 Partner aus Industrie und Forschung sind an dem ehrgeizigen Projekt beteiligt, darunter die Britische Telekom und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR. Die EU fördert Capanina bis Ende 2006 mit 3,1 Mio. Euro. "Wir liegen gut im Zeitplan", sagt Projektkoordinator David Grace von der Universität York in England. Zweifel an der Machbarkeit des futuristischen Konzepts lässt er ebenso wenig gelten wie Skepsis, was Bedarf und Wirtschaftlichkeit angeht. "Das ist genau wie mit den ersten Kommunikationssatelliten in den 60er Jahren", sagt er. "Damals wusste auch keiner, ob sich das rechnet."
Die fliegenden Sendemasten sollen die bestehenden Kommunikations-Infrastrukturen ergänzen. Hauptzielgruppe sind Nutzer in ländlichen Regionen. Die Datenübertragung per Satellit ist dort zwar schnell, aber für den Kleinunternehmer oft unerschwinglich. Eine fliegende Höhenplattform käme nach Meinung der Capanina-Entwickler viel günstiger. Der Unternehmer müsste lediglich eine Antenne von der Größe einer Untertasse auf seinem Dach installieren.
Vielversprechende Tests
Der Weg dorthin ist noch weit, auch wenn erste Tests vielversprechend waren. Vor einigen Wochen ließen die Forscher in England einen Fesselballon mit einer Testplattform auf 300 Meter Höhe steigen und stellten mit Funkwellen eine Breitbandverbindung her. Auch die Datenübertragung mit einem unsichtbaren Infrarot-Laserstrahl wurde erfolgreich getestet. "Eine der Herausforderungen dabei ist, dass der Empfänger am Boden den sich bewegenden Ballon sehr genau verfolgen muss", sagt Joachim Horwath vom DLR in Oberpfaffenhofen. Er ist für die optische Freiraumkommunikation verantwortlich, mit der die Höhenplattformen einmal untereinander Daten austauschen sollen. Die Vorteile einer Laserverbindung: Sie funktioniert über große Entfernungen, die Sender sind klein und leicht und verbrauchen nur vergleichsweise wenig Energie - alles Pluspunkte für den Einsatz auf Stratosphären-Plattformen, die ihren Energiebedarf mit Solarzellen decken müssen.
Bei der Optimierung der Breitbandverbindung durch Laser profitieren die Forscher von Technologien für die optische Kommunikation zwischen Satelliten. Die Übertragung durch die Luft macht aber neue Probleme: Temperaturunterschiede führen zur Bildung von Turbulenzen, die den Laserstrahl abschwächen und so die Reichweite begrenzen. Dank trickreicher Korrekturverfahren gelang es den DLR-Forschern aber bereits 2002, Daten über eine Entfernung von 61 Kilometern durch die Luft zu senden - von der Bergstation der Wallbergbahn zum Dach des Institutsgebäudes in Oberpfaffenhofen. Verbesserte Algorithmen dürften in Zukunft deutlich höhere Reichweiten ermöglichen.
Tauglichkeit der Stratosphärenflugzeuge fraglich
Die Entwicklung der Höhenplattformen selbst ist noch am Anfang. Ideal wären unbemannte Luftschiffe, von Motoren automatisch in Position gehalten. Zeppelin und Co brauchen keine Energie, um oben zu bleiben, und ihre Hülle bietet reichlich Platz für Solarzellen zur Stromversorgung. Aber um in 20 Kilometern Höhe die nötige Nutzlast tragen zu können, müssten solche Luftschiffe riesig sein. Mit über 250 Metern Länge hätten sie nicht nur die Ausmaße des gescheiterten Cargolifters, sondern auch eine Reihe der damals aufgetretenen Probleme. "Die Luftschiff-Technologie ist noch nicht so weit", sagt Horwath. Und Capanina-Koordinator Grace räumt ein: "Die Verfügbarkeit einer verlässlichen Höhenplattform ist der Flaschenhals." Außerhalb Europas basteln derzeit zwar fast alle Industrienationen an Stratosphären-Luftschiffen. Aber für den kommerziellen Einsatz dürften diese nach Einschätzung des Experten Bernd Kröplin von der Universität Stuttgart kaum vor 2012 verfügbar sein.
Ob Stratosphärenflugzeuge wie der Nasa-Solarflieger "Pathfinder" als Übergangslösung taugen, bleibt fraglich. Diese Leichtflugzeuge können zwar über einer Stelle kreisen, doch die Energieversorgung bei Nacht, wenn die Solarzellen keinen Strom liefern, ist unausgereift. Außerdem hat der Absturz des Prototypen "Helios" im Juni 2003 gezeigt, wie fragil die solaren Höhenflieger sind. Die Capanina-Entwickler planen dieses Jahr deshalb erst einmal weitere Tests mit einem Fesselballon. Die ersten Versuche mit einem in Japan entwickelten Stratosphären-Luftschiff sollen 2006 folgen.
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Infrastruktur Höhenplattformen
Ein Netzwerk aus fliegenden Sendemasten ist das Herzstück der zukünftigen Breitband-Infrastruktur. Dafür kommen Stratosphärenflugzeuge wie der Nasa-Solarflieger "Pathfinder" in Frage. Tests mit Fesselballons waren erfolgreich. Versuche mit Stratosphären-Luftschiffen folgen.
Kommunikation
Laserstrahlen sorgen für die Vernetzung der Höhenplattformen und ermöglichen die Übertragung der Datenraten. Über Hunderte von Kilometern soll der Datenaustausch möglich werden. Die Sender sind klein und leicht und verbrauchen nur wenig Energie, die mit Solarstrom gedeckt werden kann.
Empfang
Eine untertassengroße Antenne sorgt für den Empfang. Von ihr werden die Daten über herkömmliche Funknetze zu den mobilen Nutzern in der Umgebung weitergeleitet.
© 2005 Financial Times Deutschland
http://www.ftd.de/tm/rd/1104561004345.html?nv=hpm
http://www.impulse.de/ftd/artikel.html? ... _id=676583
Ungestörter Handyempfang
Von Ralf Krauter
Es gibt Orte, wo Erreichbarkeit immer noch Glücksache ist. Zum Beispiel im ICE: Kaum hat das Handy ein Mobilfunknetz gefunden, reißt die Verbindung schon wieder ab.
Der Grund: Kein Empfang der Zug durch Niemandsland rollt. Das wichtige Telefonat muss warten, die E-Mails können erst am nächsten Bahnhof abgerufen werden.
Für Geschäftsreisende ist der Zwangsaufenthalt im Funkloch ein Ärgernis. Wer nicht ständig erreichbar ist, riskiert, dass Geschäfte ohne ihn gemacht werden. Verlässlicher Zugang zu Daten und Informationen ist ein Standortvorteil, weshalb die EU mit dem Projekt Capanina die Zukunft der mobilen Vernetzung sichern will. "Breitband überall", so das Motto. Die Vision: In spätestens 10 bis 15 Jahren soll sich ein reisender Firmenvertreter auch noch im entlegensten Winkel Europas per Videokonferenz mit der Konzernzentrale abstimmen können. Und das Herunterladen des neuesten Videos soll auch im ICE nur ein paar Sekunden dauern. Damit aus der Vision Wirklichkeit wird, sind enorm hohe Datenübertragungsraten erforderlich: 120 Megabit pro Sekunde wollen die Capanina-Forscher liefern - 40-mal mehr, als eine DSL-Leitung heute schafft. Ein ambitioniertes Vorhaben, für das die Ingenieure auf eine völlig neuartige Technologie setzen: Sie wollen Mobilfunk-Sendemasten das Fliegen beibringen.
Netzwerk aus Höhenplattformen
Ein Netzwerk aus Höhenplattformen, die 20 Kilometer über der Erde in der Stratosphäre schweben, soll das Rückgrat der zukünftigen Breitband-Infrastruktur bilden. Mikrowellensender an Bord der unbemannten Relaisstationen schicken die Daten mittels Richtfunk zum Nutzer. Laserstrahlen vernetzen die fliegenden Sendemasten untereinander und erlauben die Übertragung enormer Datenraten. 13 Partner aus Industrie und Forschung sind an dem ehrgeizigen Projekt beteiligt, darunter die Britische Telekom und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR. Die EU fördert Capanina bis Ende 2006 mit 3,1 Mio. Euro. "Wir liegen gut im Zeitplan", sagt Projektkoordinator David Grace von der Universität York in England. Zweifel an der Machbarkeit des futuristischen Konzepts lässt er ebenso wenig gelten wie Skepsis, was Bedarf und Wirtschaftlichkeit angeht. "Das ist genau wie mit den ersten Kommunikationssatelliten in den 60er Jahren", sagt er. "Damals wusste auch keiner, ob sich das rechnet."
Die fliegenden Sendemasten sollen die bestehenden Kommunikations-Infrastrukturen ergänzen. Hauptzielgruppe sind Nutzer in ländlichen Regionen. Die Datenübertragung per Satellit ist dort zwar schnell, aber für den Kleinunternehmer oft unerschwinglich. Eine fliegende Höhenplattform käme nach Meinung der Capanina-Entwickler viel günstiger. Der Unternehmer müsste lediglich eine Antenne von der Größe einer Untertasse auf seinem Dach installieren.
Vielversprechende Tests
Der Weg dorthin ist noch weit, auch wenn erste Tests vielversprechend waren. Vor einigen Wochen ließen die Forscher in England einen Fesselballon mit einer Testplattform auf 300 Meter Höhe steigen und stellten mit Funkwellen eine Breitbandverbindung her. Auch die Datenübertragung mit einem unsichtbaren Infrarot-Laserstrahl wurde erfolgreich getestet. "Eine der Herausforderungen dabei ist, dass der Empfänger am Boden den sich bewegenden Ballon sehr genau verfolgen muss", sagt Joachim Horwath vom DLR in Oberpfaffenhofen. Er ist für die optische Freiraumkommunikation verantwortlich, mit der die Höhenplattformen einmal untereinander Daten austauschen sollen. Die Vorteile einer Laserverbindung: Sie funktioniert über große Entfernungen, die Sender sind klein und leicht und verbrauchen nur vergleichsweise wenig Energie - alles Pluspunkte für den Einsatz auf Stratosphären-Plattformen, die ihren Energiebedarf mit Solarzellen decken müssen.
Bei der Optimierung der Breitbandverbindung durch Laser profitieren die Forscher von Technologien für die optische Kommunikation zwischen Satelliten. Die Übertragung durch die Luft macht aber neue Probleme: Temperaturunterschiede führen zur Bildung von Turbulenzen, die den Laserstrahl abschwächen und so die Reichweite begrenzen. Dank trickreicher Korrekturverfahren gelang es den DLR-Forschern aber bereits 2002, Daten über eine Entfernung von 61 Kilometern durch die Luft zu senden - von der Bergstation der Wallbergbahn zum Dach des Institutsgebäudes in Oberpfaffenhofen. Verbesserte Algorithmen dürften in Zukunft deutlich höhere Reichweiten ermöglichen.
Tauglichkeit der Stratosphärenflugzeuge fraglich
Die Entwicklung der Höhenplattformen selbst ist noch am Anfang. Ideal wären unbemannte Luftschiffe, von Motoren automatisch in Position gehalten. Zeppelin und Co brauchen keine Energie, um oben zu bleiben, und ihre Hülle bietet reichlich Platz für Solarzellen zur Stromversorgung. Aber um in 20 Kilometern Höhe die nötige Nutzlast tragen zu können, müssten solche Luftschiffe riesig sein. Mit über 250 Metern Länge hätten sie nicht nur die Ausmaße des gescheiterten Cargolifters, sondern auch eine Reihe der damals aufgetretenen Probleme. "Die Luftschiff-Technologie ist noch nicht so weit", sagt Horwath. Und Capanina-Koordinator Grace räumt ein: "Die Verfügbarkeit einer verlässlichen Höhenplattform ist der Flaschenhals." Außerhalb Europas basteln derzeit zwar fast alle Industrienationen an Stratosphären-Luftschiffen. Aber für den kommerziellen Einsatz dürften diese nach Einschätzung des Experten Bernd Kröplin von der Universität Stuttgart kaum vor 2012 verfügbar sein.
Ob Stratosphärenflugzeuge wie der Nasa-Solarflieger "Pathfinder" als Übergangslösung taugen, bleibt fraglich. Diese Leichtflugzeuge können zwar über einer Stelle kreisen, doch die Energieversorgung bei Nacht, wenn die Solarzellen keinen Strom liefern, ist unausgereift. Außerdem hat der Absturz des Prototypen "Helios" im Juni 2003 gezeigt, wie fragil die solaren Höhenflieger sind. Die Capanina-Entwickler planen dieses Jahr deshalb erst einmal weitere Tests mit einem Fesselballon. Die ersten Versuche mit einem in Japan entwickelten Stratosphären-Luftschiff sollen 2006 folgen.
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Infrastruktur Höhenplattformen
Ein Netzwerk aus fliegenden Sendemasten ist das Herzstück der zukünftigen Breitband-Infrastruktur. Dafür kommen Stratosphärenflugzeuge wie der Nasa-Solarflieger "Pathfinder" in Frage. Tests mit Fesselballons waren erfolgreich. Versuche mit Stratosphären-Luftschiffen folgen.
Kommunikation
Laserstrahlen sorgen für die Vernetzung der Höhenplattformen und ermöglichen die Übertragung der Datenraten. Über Hunderte von Kilometern soll der Datenaustausch möglich werden. Die Sender sind klein und leicht und verbrauchen nur wenig Energie, die mit Solarstrom gedeckt werden kann.
Empfang
Eine untertassengroße Antenne sorgt für den Empfang. Von ihr werden die Daten über herkömmliche Funknetze zu den mobilen Nutzern in der Umgebung weitergeleitet.
© 2005 Financial Times Deutschland
http://www.ftd.de/tm/rd/1104561004345.html?nv=hpm
http://www.impulse.de/ftd/artikel.html? ... _id=676583