Hier ist eine Übersetzung:
Aviation Week & Space Technology
Lockheed Martins im Geheimen gebautes Luftschiff absolviert Erstflug
Von Michael A. Dornheim
05.02.2006
Lockheed Martins Abteilung Advanced Development Projects („Skunk Works“) führt wahrscheinlich die ersten realistischen Tests eines Hybridluftschiffs durch - ein Konzept, das viele Dekaden zurückgeht, das aber gerade jetzt in einer beachtlichen Größenordnung realisiert wird.
Skunk Works hatten im Geheimen das Gerät gebaut und auf einen unbemerkten Erstflug auf seinem Gelände in Palmdale, Kalifornien, gehofft, aber einige Passanten beobachteten den merkwürdigen Gegenstand im Himmel.
Das Verteidigungsministerium. zeigt Interesse an zwei Kategorien von Luftschiffen - solche, die große Lasten in niedriger Höhe transportieren können, illustriert durch das Walrus-Programm der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) und solche, die in großer Höhe bei wenig Wind funktionieren und in einer stationären Position für längere Zeitabschnitte bleiben können. Die Konfiguration des Skunks Works-Schiffs weist auf das Erstere, einen hybriden Schwerlastträger hin.
Das Interesse innerhalb der Behörde ist sehr unterschiedlich und reicht von der Logistik - z.B. der Verlegung einer integrierten Kampfeinheit innerhalb des Schlachtfeldes - bis zu Relaisplattformen für die Kommunikationen, für Sensoren und sogar für Laserwaffen.
Aber solche Luftschiffe gibt es bis jetzt noch nicht. Wichtige ungelöste Probleme könnten den Luftschifftraum noch zum Entgleisen bringen, wie die traditionell schwierige Handhabung am Boden und vielleicht auch die ausufernden Kosten und die leichte Verwundbarkeit. Diese Themen sind endlos auf Papier debattiert worden, und jetzt investiert Lockheed Martin, einer der wichtigsten Luftschiff-Befürworter, um reale Antworten zu suchen.
Ein Hybridluftschiff erzielt den größten Teil seines Auftriebs durch die Füllung mit einem Leichter-als-Luft Gas wie Helium. Insgesamt ist es schwerer als Luft und erzielt die fehlenden etwa 20% bis zum Schweben, indem es wie ein Flugzeug fliegt, aber mit langsamen Start- und Landegeschwindigkeiten, die die Verwendung von kurzen unpräparierten Pisten erlauben.
Skunk Works unternahmen den Erstflug des Testobjektes "P-791" an 31. Januar auf ihrem Gelände auf dem Luftwaffenstützpunkt 42 in Palmdale. Der bemannte Flug war ein ungefähr fünfminütiger Rundflug über den Flughafen am Morgen und schien erfolgreich verlaufen zu sein. Die Firma kündigte den Flug nicht an und wollte auch nicht darüber diskutieren. Das P-791 ist nicht Teil eines Staatsauftrags, sondern eher ein unabhängiges Forschungs- und Entwicklungs-Projekt von Skunk Works, um Luftschiff-Eigenschaften und -technologien besser zu verstehen, wie z.B. die Werkstoffe, sagte ein Firmensprecher. Jedoch kann es auch ein auf ein Viertel verkleinerter Prototyp eines Schwerlastträgers sein.
UM MEHR SPANNWEITE ZU ERZIELEN, so dass eine Wirkung wie bei Flügeln entsteht, besteht das P-791 aus drei aufgepumpten Luftschiffhüllen, die unter einander verbunden sind. Ein Beobachter des Erstfluges sagt, dass es von der Größe von drei zusammengebundenen Fuji-Blimps war. Das Fuji-Blimp, ein Skyship 600 Modell, ist 206 ft. (63 m) lang. Das legt nahe, dass das P-791 einen Auftrieb von ungefähr 3-5 Tonnen haben würde.
Der Beobachter sah, dass das Gerät die Fähigkeit besaß, sehr enge 360° Umdrehungen während der Fahrt am Boden zu vollführen. Es brauchte nur ein kurzes Anrollen zum Abheben, stieg auf geringe Höhe, machte ein paar seitliche Neigungen - einschließlich einer langgezogenen Wendung – und kam dann zurück und landete. Beim Landeanflug war die Nase abwärts geneigt um das Flattern zu verringern. Der Flug war sehr glatt, sagt der Beobachter. Das Gerät wurde vom P-791-Cheftestpiloten Eric P. Hansen geflogen.
Die Geschwindigkeit des Testobjektes wurde auf ungefähr 20 kt (37 km/h) geschätzt. Eine maßstäbliche Version würde viel schneller sein können, über 100 kt (186 km/h). Lockheed Martin hat lange Zeit ein großes Transportluftschiff vorgeschlagen, einmal Aerocraft genannt das, das um das Jahr 2000 gestoppt wurde (AW&ST Feb. 22, 1999, P. 26). Die Konstruktion war ungefähr 800 ft. (244 m) lang und sollte 1-1,2 Millionen Pfund (54 - 65 t) bei 125 kt (232 km/h) tragen. Skunk Works war einer von zwei Auftragnehmern, die im August 2005 von DARPA einen Einjahres-Kontrakt über 3 Mio Dollar zum Studium des Walrus erhielten. Die zweite Walrusphase würde eine dreijährige Demonstrationsarbeit sein.
Hybridluftschiffe haben eine lange Geschichte. Aereon Corp. in New Jersey begann Experimente in den späten fünfziger Jahren, aber es waren kleine Modelle (siehe
www.aereoncorp.com). Die Firma testete 1970-71 "deltaförmige Flugkörper", auch genannt „Deltoid pumpkinseed“ (Deltoider Kürbiskernbarsch), mit einem 1.200-lb. (544 kg) bemannten Demonstrationsmodell. Dem folgten einigen Studien, die vom Militär mit weniger als 1 Million US$ finanziert wurden. In Großbritannien baute die Advanced Technologies Group ein 40-ft.-langes (12 m) unbemanntes Hybridluftschiff mit Namen SkyKitten, das im Jahr 2000 flog (AW&ST Sept. 23, 2002, P. 30). Nichts ist aber in dieser Richtung bis zu der Größe oder augenscheinlichen Raffinesse von Skunk Works Testobjekt weiter geführt worden.
Das P-791 benutzt vier Luftkissen als Fahrgestell, angebracht auf den äußeren Flugkörpern. Das Fahren des Fahrzeugs am Boden könnte wie das Fliegen eines Luftkissenfahrzeugs sein, wenn man von der größeren Windbelastung absieht. Ein Vorteil der Luftkissen ist, dass sie umgeschaltet werden könnten, um das Fluggerät am Boden fest zu saugen, damit es dem Wind beim Ladebetrieb standhält. Luftdruck kann auch die beste Art sein, Landungsballast in die aufblasbare Struktur zu bringen. Es ist nicht klar, ob es irgendwelche Vorrichtungen wie Räder gibt, die das Luftschiff daran hindern, seitlich weg zu driften, wenn es bei Seitenwind am Boden fährt. Das Gerät hat ein spezielles Schleppsystem.
DIE HANDHABUNG AM BODEN IST EIN WICHTIGER Gesichtspunkt bei der Beschäftigung mit Luftschiffen. Herkömmliche Leichter-als-Luft-Geräte erfordern große Bodenmannschaften und, da sie besonders am Boden windempfindlich sind, ist die Startpiste ein unfallträchtiger Bereich. Hybride sind nur etwas schwerer als Luft, und ein Hybrid muss große Verbesserungen in der Handhabung am Boden gegenüber einem Blimp aufweisen, um erfolgreich zu sein. Die gegenwärtige Begrenzung des P-791 ist, dass er im Hangar bleiben soll bei Windgeschwindigkeiten über 5 kt., und es gibt eine 10-kt-Grenze für das Fahren am Boden und das Fliegen. Das könnte seine Flugtests in windigem Palmdale einschränken. Es ist nicht klar, wie der Pilot die ballettartigen Drehungen beim Fahren auf dem Boden durchführte - ob lediglich mit vektoriellem Schub oder durch Drehen um ein festgesaugtes Luftkissen oder mit anderen Methoden.
Das P-791 scheint vier Propeller zu haben - zwei am Heck und zwei auf den Seiten. Die Heckeinheit scheint eine Drehachse für die Vektor-Gierung zu haben, und es ist unklar, ob die seitlichen Einheiten beweglich sind. Eine sachkundige Person sagt, dass es vier drehbare Antriebe gibt, die für die Handhabung am Boden verwendet werden, aber es nicht klar, ob dies die Hauptpropeller sind oder separate Einheiten, möglicherweise verbunden mit dem Luftkissensystem. Die Ringe um die Motoren können Abschirmrahmen für die Propeller und/oder die Kardanringe für die Triebwerksdrehung sein. Vektorieller Schub kann für Leichter-als-Luft-Blimps nützlich sein, da sie die herkömmliche Steuerbarkeit verlieren, wenn ihre Fluggeschwindigkeit bei der Landung gegen Null geht, aber ein Hybridluftschiff landet mit einiger Fluggeschwindigkeit, so dass die Hecksteuerflächen wirksam bleiben. Aber zur Steuerung während des langsamen Fahrens auf dem Boden auf den Luftkissen dürfte Vectorsteuerung entscheidend sein.
Das P-791 sieht der vorgeschlagenen maßstäblichen Version der Britischen SkyKitten, SkyCat genannt, ähnlich. Beide haben ähnliche äußere Formen - obwohl das Skunk Works Design breiter ist - und die Antriebe sind ähnlich ausgelegt, und beide benutzen Luftkissen-Fahrgestelle. Möglicherweise haben die zwei Programme Leute gemeinsam.
Einer der Partnernamen vor Ort ist TCOM, das Aerostaten und Hüllen für Luftschiffe baut.
"Hybridluftschiffe sind ein halbes Jahrhundert lang Gegenstand von Studien und Fragen gewesen ," sagt ein Experte. "nun hören sie auf Luftschlösser zu sein und sie müssen sich der Wirklichkeit stellen."